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Militär war und bleibt ein „gesunder Organismus“

■ Oberbefehlshaber Burlakow kritisiert getrennte Abschiedsfeier für Alliierte

Die Kristalleuchter glitzern. Im Stuck- und Prunksaal der russischen Botschaft Unter den Linden fand gestern die vermutlich letzte große Pressekonferenz des Oberkommandierenden der russischen Westgruppe, Generaloberst Matwej Burlakow, statt. Es ging um Abschied und Abwicklung. Am 31. August wird der letzte Soldat Deutschland verlassen haben. Verpackt war die Bilanz in eine große Show. Hunderte von Journalisten verfolgten das Schauspiel, inszeniert ganz im sowjetischen Stil. Die alte Mischung von Erfolgen auf der eigenen, Vorwürfe an die andere Seite. Die heftigste Kritik richtete sich gegen die Pläne des Berliner Senats, den Abschied von den Westalliierten und den russischen Streitkräften getrennt zu feiern. Seine Truppen hätten sich für die Verabschiedung der vier Siegermächte aus dem Zweiten Weltkrieg gemeinsame Feierlichkeiten gewünscht, sagte er. Zu der großen Militärparade der amerikanischen, britischen und französischen Truppen am 10. September seien sie nicht einmal eingeladen worden. Ihre eigenen Feierlichkeiten werden deshalb in „zwei Etappen“ stattfinden. Vom 1. bis 10. Mai gibt es eine „Woche des Gedenkens“ für die sowjetischen Kriegsopfer und am 3. August eine große Zeremonie am Ehrenmal in Treptow. Auch Boris Jelzin will kommen.

Burlakow betonte, daß der Abzug der Armee termingerecht verlaufe. Derzeit würden sich noch 31.436 Soldaten in Deutschland befinden. Die Organisation der Rückkehr sei ein Beweis für den hohen Ausbildungsstand, der Disziplin und der exakten Organisation. Sie stehe im Widerspruch zu der Organisation des Wohnungsbauprogramms in Rußland. Fast jeder zweite heimkehrende Soldat werde keine Wohnung finden, fürchtet er. Verantwortlich für die Verzögerungen seien das russische Verteidigungsministerium und das Bundeswirtschaftsministerium. Zwar fördere Bonn den Wohnungsbau für die Ex-Soldaten mit 7,8 Milliarden Mark, die damit beauftragten deutschen Baufirmen seien aber Monate im Rückstand.

Der Generaloberst versprach, daß nach Abzug seiner Soldaten „keine einzige russische Pistole und keine einzige russische Gewehrkugel“ mehr zu finden sein wird. Die Vorwürfe von einigen „Massenmedien“, insbesondere dem Spiegel, daß Teile der Westgruppe tief in den Waffenhandel verstrickt seien, wären nichts als „schmutzige Lügen“. Im Falle der kürzlich beschlagnahmten 10.000 Armeepistolen, die mit einer Militärmaschine in Sperenberg eingeflogen und an eine Hamburger Firma geliefert werden sollten, ermittele die Militärstaatsanwaltschaft Potsdam. Zu einzelnen „Rechtsverletzungen“ von russischen Soldaten sei es gekommen, räumte Burlakow ein, aber in weit größerem Maße hätten die Soldaten Rechtsverletzungen deutscher Bürger hinnehmen müssen: Seit der Wiedervereinigung durchschnittlich jeden fünften Tag eine, 23 Soldaten seien dabei getötet worden. „Das Militär war und bleibt ein gesunder Organismus“, lautete sein Fazit über die Moral der Truppe. Anita Kugler

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