Klebrig-kitschiges Sternenfunkeln

■ Neues Theater am Holstenwall: Premiere des Sechziger-Musicals „Forever Plaid“

Die flotten Sänger des vierstimmigen „Jungherren-Ensembles“ Forever Plaid (für immer kariert) haben sich leidenschaftlich dem harmonischen Gesang fröhlich-unbeschwerter Songs verschrieben, wie sie in den Sechzigern populär waren: „Catch A Falling Star“, „Dream Along With Me“ oder „Love Is A Many Splendored Thing“, Songs von Al Jolson bis Ray Charles sind ihr Metier - zumindest in ihrer Freizeit, am Tage müssen sie in jeder Romanze abträglichen Bereichen ihr Geld verdienen. Doch Sparky, Smudge, Jinx und Frankie, im wahren For-ever Plaid-Leben eher schüchterne Jungs, die bei Streß mit Nasenbluten, Magenschmerzen und Asthma-Anfällen reagieren, zeigen sich zuversichtlich, was ihren musikalischen Durchbruch betrifft. Leider endet während der Fahrt zu ihrem ersten großen Auftritt in der Cocktailbar des Hilton-Flughafenhotels die hoffnungsvolle Karriere abrupt, bevor sie begonnen hat. Ein Bus voller Teenager überrollt ihren Wagen, und alle Vier sind sofort tot. Hier endet die Geschichte? Nein, hier beginnt sie erst: Die Forever Plaids dürfen noch einmal ins Leben zurück, und die Show, die ihnen zu Lebzeiten versagt war, bekommen die Zuschauer nun zu sehen, während die Vorgeschichte nebenbei erzählt wird.

Die vier hervorragenden Plaid-Darsteller - der kanadische Schauspieler Dino di Iorio, Glenn Flavin, australischer Opernsänger, Maarten Flügge (bekannt aus der Rocky Horror Show) und Jerry Marvig, Darsteller des Cliff in Schmidt's Tivolis Cabaret - agieren rasant und witzig auf der kleinen Bühne, auf der auch noch ein Flügel (gespielt vom Musical-Routinier Michael Ashton) und ein Kontrabaß (gespielt von Musical-Routinier Greg Blair) Platz finden.

Die Idee des Musicals (Regie: Steve Ray) ist ein Treffer, denn die ausgebildeten Sänger präsentieren im Rahmen einer perfekten Choreographie nicht nur triefende Songs der Sechziger, sie schleppen die Zuschauer auch dreißig Jahre mit zurück, ins schimmernde U.S.-amerikanische Musical-Wunderland. Clownerei ist präzise eingeplant, wenn die harmoniebedürftigen Jungs des heftigen Zeitsprungs wegen schon mal die Tanzschritte verwechseln, von Nervositätsanfällen geschüttelt werden - es ist schließlich ihr erster großer Auftritt als Tote - und die Zahnklammer nicht rechzeitig aus dem Mund nehmen. Da stimmen Requisiten, Haltung, Farben und Embleme, da stimmt die Atmosphäre klebrig- sternfunkelnden Kitsches.

Eine perfekte Unterhaltungsshow, nicht mehr, nicht weniger. Die Premieren-Zuschauer waren begeistert. Simone Ohliger