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Die Prasserei ist vorbei – Bafög wird weniger

■ Bundesregierung will Studenten weiter unter Druck setzen / Bafög wird bis 1996 eingefroren

Bonn (taz) – Die Bundesregierung gibt sich alle Mühe, ein Demonstrationsförderprogramm für Studentinnen und Studenten auf die Beine zu stellen. Als Stimulans will sie die Ausbildungsförderung (Bafög) bis 1996 auf dem heutigen Stand einfrieren, strengere Leistungskontrollen als Voraussetzung für Bafög-Zahlungen einführen und Abstriche bei den Elternfreibeträgen und beim Kindergeld vornehmen.

Bereits am kommenden Mittwoch will das Kabinett über eine 17. Bafög-Novelle beschließen. Danach sollen Studentinnen und Studenten vom dritten Semester an Förderung nur noch unter der Voraussetzung erhalten, daß sie zuvor einen Leistungsnachweis erbracht haben. Darunter seien „in der Regel Scheine“ zu verstehen, erklärte ein Sprecher des Bildungsministeriums. Bislang wurde ein solcher Nachweis erst zum Ende des vierten Semesters verlangt. Das Vorziehen der Kontrolle um zwei Semester soll zehn Millionen Mark pro Jahr einsparen.

Die Bafög-Sätze, die nach Studentenwerkberechnungen bereits heute unter den realen Lebenshaltungskosten liegen, sollen zwei Jahre lang auf dem heutigen Stand eingefroren werden. Nach dem jüngsten Regierungsbericht zum Bafög hätte bereits im Herbst 1994 eine Erhöhung der Förderung um sechs Prozent erfolgen müssen. Auch müßten die Freibeträge für die Errechnung des Elterneinkommens in den nächsten beiden Jahren jeweils um drei Prozent erhöht werden.

Von Kürzungen bedroht sind auch der Kindergeldanspruch und die steuerlichen Kinder- und Ausbildungsfreibeträge für Eltern von Studentinnen und Studenten, die kein Bafög erhalten, aber Studienfristen überschreiten. Überprüft wird nun die Regelung für Zweitstudien und Auslandsstudien sowie für Auszubildende, deren Eltern nicht mehr unterhaltspflichtig sind. Die Forderung nach Streichung dieser Leistungen ist Bestandteil des sogenannten Mißbrauchsberichts der Bundesregierung.

Bundesbildungsminister Rainer Ortleb verteidigte bei einem Auftritt an der Universität in Rostock die Streichungen mit dem allgemeinen Zwang zu Einsparungen. Bei der Berechnung des Elterneinkommens würden künftig die höheren Ausgaben für Krankenkasse und Rentenversicherung berücksichtigt, kündigte er an. In dem Entwurf sei nicht geplant, die Förderungshöchstdauer neu festzusetzen.

Der stellvertretende DGB-Vorsitzende Ulf Fink warf der Regierung gestern vor, sie versperre den Kindern aus einkommenschwächeren Familien den Zugang zur Hochschule. Fink wandte sich gegen Forderungen aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Bafög künftig wieder nur noch als Volldarlehen zu gewähren. Wer wie der CDU-Politiker und parlamentarische Staatssekretär im Bildungsministerium, Norbert Lammert, von einer „De- Luxe-Förderung“ der Studenten spreche, verwechsle „Selters mit Champagner“. Hans Monath

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