: Italiens Faschisten formieren sich neu
■ Hauptproblem der gewendeten MSI ist die Bündnisfrage
Rom (taz) – Mit breiter Zustimmung haben die Delegierten des italienischen „Movimento sociale/ Destra nazionale“ – vulgo Neofaschisten – ihr Aufgehen in der soeben von ihrem Vorsitzenden Gianfranco Fini zusammen mit einigen bisher parteilosen Persönlichkeiten gegründeten „Alleanza nazionale“ beschlossen. Den Hintergrund bildet der aufsehenerregende Erfolg der MSI während der Kommunalteilwahlen im Dezember. In Rom und Neapel waren mit Fini selbst und der Enkelin Mussolinis, Alessandra, gleich zwei Neofaschisten in die Endausscheidung um das Amt des – erstmals direkt gewählten – Bürgermeisters gekommen. Die Linie des erst 40jährigen MSI-Führers Fini, die Überalterung der bisherigen rechtsextremen Kräfte abzubauen und neue Themen wie Umweltpolitik und Frauenfragen ins Zentrum programmatischer Aussagen zu rücken, erwies sich als erfolgreich.
Dennoch haben die Neofaschistern auch im neuen Gewande große Probleme, Bündnispartner zu finden: Die konservativen und moderaten Parteien, vor allem die Democrazia Cristiana und die Sozialisten, sind selbst zerfallen. Die daraus hervorgegangenen neuen Formationen wie etwa die „Volkspartei“ und das „Zentrum“ wollen nicht in den Geruch absoluter Rechtslastigkeit geraten – wenigstens nicht gleich. Die norditalienischen „Ligen“ stehen mit ihrem Separatismus programmatisch in scharfem Gegensatz zum großitalienischen Denken der Neofaschisten. Bleibt derzeit nur eine Kraft, die aber ihrerseits schwer in Bedrängnis ist, obwohl sie erst vor wenigen Tagen offiziell gegründet wurde: Die „Forza Italia“ des Mailänder Fernsehmoguls Silvio Berlusconi. Dem winken immer mehr seiner Wunschpartner ab, vor allem weil der TV-Herrscher glaubt, auch in der Politik sofort als unumschränkter Führer anerkannt werden zu müssen. Bei den Bürgermeisterwahlen im Dezember hatte Berlusconi MSI-Führer Fini offen unterstützt und sich damit nicht nur einen Streik seiner eigenen Angestellten im Medienbereich und im Großverlag Mondadori zugezogen. Auch viele ausländische Ansprechpartner reagierten verschreckt. Seither ist er vorsichtiger mit seinen Bündnisaussagen.
Fini hat seine Linie von seinem Vorgänger geerbt: Der langjährige MSI-Vorsitzende Giorgio Almirante hatte kurz vor seinem Tod den damals nicht einmal 35jährigen Fini nicht nur als seinen Nachfolger durchgesetzt, sondern ihm auch präzise den Weg gewiesen: Heraus aus der ganz rechten Ecke durch Tilgung neofaschistischer Attitüden, Angebote zur Allianz mit den Parteien der Mitte dort, wo denen die Mehrheit fehlt, und enge Bündnisse dort, wo man das Gespenst des Antikommunismus an die Wand malen kann.
In dieser Richtung marschiert die „Nationale Allianz“ denn auch so werden die aus der ehemaligen kommunistischen Partei hervorgegangenen Formationen weiterhin als stalinistische Stoßtrupps ausgegeben, und die örtlich mit ihnen verbündeten Kräfte, wie die Grünen oder die Antimafiabewegung, gleich mit.
Das Problem für die Nationale Allianz besteht jedoch genau darin, daß sie sich gegen andere konservative Kräfte nur mit plakativen Aussagen absetzen kann, damit aber gleichzeitig die Aussichten auf ein rechtes Kartell schmälert – das Fini aber bräuchte, um bei den erstmals nach Mehrheitssystem durchgeführten Wahlen eine ansehnliche Anzahl von Parlamentariern durchzubringen. Werner Raith
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