: Nur für Öko-Steuern gibt's ein Kreuz
■ Der Naturschutzbund verabschiedet auf einer außerordentlichen Bundesdeligiertenkonferenz Wahlprüfsteine für das Jahr 1994 / Für entscheidend hält der Verbund die ökologische Steuerreform
Bonn (dpa/taz) – Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) hat eine grundlegende Kurskorrektur in der Wirtschafts- und Umweltpolitik gefordert. Der Umweltverband mit 200.000 Mitgliedern präsentierte am Samstag einen Forderungskatalog an die Parteien im Blick auf das Superwahljahr 1994. Mit den anderen Umweltverbänden will er möglichst eine gemeinsame Wahlkampagne starten. Nabu-Präsident Jochen Flasbarth nannte als „Herzstück“ der Kampagne den Einstieg in eine „ökologische Steuerreform“.
Dazu zählte Flasbarth die Einführung einer allgemeinen Energiesteuer, die Bonn notfalls im Alleingang beschließen müsse, ferner „eine Versiegelungssteuer“ auf den Verbrauch von Boden und eine Besteuerung bei Flächenbevorratung ohne Bauabsicht. Außerdem müsse die Kfz-Steuer abgeschafft und eine Fahrzeugbesteuerung nach Schadstoffausstoß eingeführt werden.
Die Landwirte sollen aus der Sicht der Naturschützer eine Stickstoffsteuer zahlen, um zur drastischen Einsparung von Düngemitteln und zum Klimaschutz beizutragen. Außerdem plädierte Flasbarth dafür, die Unternehmen steuerlich zu entlasten, die nicht nur umweltverträglich produzieren, sondern auch zukunftsfähige Produkte herstellen.
Beim Streitthema Atomstrom sprach sich der Nabu auf dem außerordentlichen Delegiertentreffen für einen konkreten Ausstiegsfahrplan aus, wobei die Delegiertenbasis allerdings darauf bestand, daß Anlagen wie der älteste Atommeiler Obrigheim und der Reaktor Brunsbüttel umgehend abgeschaltet werden müßten. Auf dem Verkehrssektor muß nach den Worten Flasbarths der Verkehrswegeplan „neu geschrieben“ werden. Auf den Ausbau von Wasserstraßen sollte ebenso verzichtet werden wie auf Großprojekte bei den Autobahnen auch in Ostdeutschland. Verkehrsträger der Zukunft sei ausschließlich die Bahn.
Vernichtend fiel die Bilanz für die Bonner Umweltpolitik aus: Die Bundesregierung stehe mit leeren Händen vor den Wählern, erklärte Flasbarth. Er verwies auf das in dieser Legislaturperiode erneut gescheiterte Naturschutzgesetz, ebenso wie das bisher nicht beschlossene Bodenschutzgesetz. Ungeachtet aller Beteuerungen schreite die Zerstörung von Umwelt und Natur voran.
Besorgt äußerte sich Flasbarth darüber, daß es Umweltschützer in den neuen Bundesländern relativ schwer haben. In ihren Heimatorten seien sie oft „verpönt“, weil viele Bürger meinten, durch sie gingen Arbeitsplätze verloren. Dem Nabu gehören knapp 190.000 Mitglieder an, darunter etwa 17.000 in den neuen Ländern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen