Ein unmoralisches Angebot in Eimsbüttel

■ Der Bezirk will das Stadthaus Schlump gegen Höchstgebot verscherbeln Von Marco Carini

Ein Filetstück kommt unter den Hammer. Das rund 8360 Quadratmeter große Grundstück Beim Schlump 84-85, auf dem sich das Stadthaus Schlump befindet, wird meistbietend vom Bezirk Eimsbüttel verscherbelt. Favorit beim Wettbieten: Die zum Imperium des Verlegers John Jahr jr. gehörende Unger-Vermögensverwaltung, enger Geschäftspartner des Immobilienkonzerns Büll & Liedtke. Soziale Belange bleiben dabei auf der Strecke, denn Millionenbeträge für die Haushaltskasse locken.

Auf dem ehemaligen Krankenhausgelände wohnen seit Anfang der achtziger Jahre Behinderte, die von der evangelischen Stiftung Alsterdorf betreut werden. Da die Alsterdorfer zum Jahresende dort ausziehen, bot das Eimsbüttler Bezirksamt Gelände und Gebäude öffentlich zur Neubeplanung an. Eine bezirkliche „Kriterien-Kommission“ entwickelte die Vorgaben für die Bewerber: Die denkmalgeschützten Krankenhausgebäude sollen erhalten und ausschließlich für Wohnzwecke und ein Kindertagesheim mit mindestens 80 Plätzen genutzt werden. Jede gewerbliche Nutzung von Teilflächen soll ausgeschlossen, der Baumbestand des Geländes erhalten werden.

Unter den 46 Bewerbern machte die Verwaltung die sechs Chancenreichsten aus, darunter die Unger-Gruppe, die Lawaetz-Stiftung und Stattbau. Doch in der Vorlage für den Kerngebietsausschuß schlug die Verwaltung Mitte Januar vor, nur „die beiden Höchstbietenden zur Präzisierung der vorgelegten Planungen aufzufordern“, um anschließend einen davon auszuwählen. Die Konzepte von Lawaetz und Stattbau wurden so kassiert, nur die Gebote von Unger und einer Immobiliengruppe aus Celle blieben im Rennen. Verwaltungsintern wird die Unger-Vermögensverwaltung als Top-Favorit für den endgültigen Zuschlag gehandelt.

Bei ihrer Vorauswahl machte die Bezirksverwaltung keinen Hehl daraus, daß neben „planerischen und denkmalpflegerischen“ Erwägungen vor allem „finanzielle Gesichtspunkte“ die entscheidende Rolle gespielt hätten. Der Vorschlag der GAL-Abgeordneten, auch den Konzepten von Lawaetz und Stattbau eine Chance zu geben, wurde von SPD, CDU und Statt Partei niedergestimmt, die Verwaltungsvorlage durchgewunken.

4,5 Millionen Mark hat Unger-Geschäftsführer Klaus Unger, der an mehreren Büll & Liedtke-Firmen finanziell beteiligt ist, für eine 75jährige Erbpacht des Schlump-Geländes geboten. Um diesen Betrag wieder einzuspielen, will die Investorengruppe für die geplanten StudentInnen-Wohnungen Nettokaltmieten von bis zu 22,80 Mark kassieren. Zum Vergleich: Das Stattbau-Konzept geht von einer Miete von 8,95 Mark aus. Da laut Unger-Konzept die „StudentInnen-Wohnungen auch anderweitig“ belegt werden dürfen, droht das Stadthaus Schlump zu einem Appartement-Wohnblock für Begüterte zu werden.

Stattbau-Mitarbeiter Tobias Behrens klagt deshalb: „Statt preiswerten Wohnraum zu erhalten, streicht der Bezirk Millionengewinne ein, die durch Wuchermieten finanziert werden.“ Eimsbüttels GAL-Geschäftsführer Rudi Brandt vermißt an dem Beschluß vor allem „jegliches soziale Gewissen für den Stadtteil“. Für die GAL ist die Unger-Offerte deshalb „ein unmoralisches Angebot“

Denn das Unger-Konzept hat noch weitere Nachteile: So plant die Vermögensverqwaltung „Familienwohnungen“ in einer Größe von 55,6 Quadratmetern, also weit unter den Mindeststandards von Sozialwohnungen. Weite Teile des Geländes sollen für Parkplätze zugepflastert werden. Und außer dem Pflicht-Kindertagesheim (149 Plätze, Träger: „Sternipark“) sind soziale Projekte nicht zu entdecken.

Das von Stattbau und dem Planerkollektiv entwickelte Konzept sieht hingegen zusätzlich Behindertenwohnungen, eine Elternschule und ein Wohnprojekt für ältere Menschen auf dem Gelände vor. Lawaetz will darüberhinaus noch Wohnbereiche für Frauen, Obdachlose und minderjährige Flüchtlinge schaffen. Doch dafür hätten die beiden Alternativ-Anbieter das Bezirksamt wohl mit etwas mehr Geld locken müssen.