: Lackfabrik nun dicht, weil's die Fässer nicht waren
■ Endgültiges Aus für Chemulack in Steglitz: Anwohner waren jahrelang gefährdet
Die Steglitzer Firma Chemulack bleibt endgültig geschlossen. Damit widerfährt ihr, was einigen Fässern und Lackbehältern über Jahre nicht vergönnt war. Chemikalien wurden unsachgemäß gelagert, Mitarbeiter und Anwohner dadurch erheblich gefährdet. Zum ersten Mal seit seinem Bestehen machte deswegen das Umweltamt Steglitz ein Unternehmen dicht. Die „aufschiebende Wirkung“ der Chemulack-Widersprüche hob nun das Berliner Verwaltungsgericht in einer Eilentscheidung auf. Damit stellte es sich auf die Seite des Bezirksamtes, das den weiteren Betrieb selbst unter erneuten Auflagen für unverantwortlich bezeichnet hatte.
Bereits Mitte Dezember hatten die Umwelthüter im Steglitzer Bezirksrathaus die Faxen dicke; zu oft hatten sie die Firma auf Mängel hingewiesen, zu oft wurden diese vom persönlich haftenden Geschäftsführer ignoriert. Ortstermine in der Goerzallee 303 brachten stets eklatante Versäumnisse ans Licht. Die Stillegung war nach Ansicht der Richter und des Bezirksstadtrats für Wirtschaft, Udo Bensel, unumgänglich.
Und nicht ohne Stolz teilt er mit: „Damit hat das Verwaltungsgericht die Vorgehensweise des Wirtschaftsamtes nicht nur als ,rechtsfehlerfrei‘ und ,angemessen‘ bestätigt, sondern es wurde erstmals dargelegt, daß auch permanente Verstöße gegen das Umweltrecht und den Arbeitsschutz zu einer Gewerbeuntersagung führen können bzw. müssen.“
Und es war höchste Eisenbahn: Auf dem Freigelände, wo auf Industriegleisen Güterzüge anderer Firmen und der US-Army rangieren, lagerten laut Urteilsbegründung „Farbschlämme mit einem Flammpunkt von nur 17 Grad Celsius“. Es bestand also Explosionsgefahr; und wäre ein Brand ausgebrochen und gelöscht worden, dann wäre der ganze Dreck in Boden und Kanalisation gelandet, denn, so die Kritik des Gerichts: „Eine Löschwasser-Rückhaltevorrichtung fehlte.“
Drinnen sah es keineswegs besser aus: 33.000 Liter Lackschlämme und verunreinigte Lösungsmittel, Tanks mit Zwischenprodukten sowie „etliche Fässer und Eimer mit Lösungsmittel- Wasser-Gemischen und Lackresten“ standen offen herum.
Der entsprechende Gestank könnte letztlich zur Schließung geführt haben, denn ein anonymer Hinweis veranlaßte das Umweltamt, Chemulack erneut unter die Lupe zu nehmen. Es könnte auch ein Mitarbeiter gewesen sein: Erst im Oktober letzten Jahres hatte der Betriebsratsvorsitzende Daniel Schütz der Geschäftsführung erneut eine Mängelliste der 32köpfigen Belegschaft vorgelegt – ohne Antwort zu erhalten. Daß zudem Feuertüren verrostet waren, Feuerlöscher schwer zugänglich und die Lüftung im Lösungsmittellager defekt, war für die Richter endgültig zuviel. Der Verlust von Arbeitsplätzen habe in Kauf genommen werden müssen, zu groß seien die Risiken für Mitarbeiter und Anwohner gewesen. ca
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