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Verbindungen zum Himmel Von Andrea Böhm

Um das Loblied auf die Highways zu singen, ist in den USA keine Metapher, kein Superlativ zu schade. „Lebensader“, „Nabelschnur“, „Straße zur Freiheit“, „Straße zur Sonne“ oder „Skyway“. Der Zustand dieses geteerten Spinnennetzes erinnert häufig an die alte DDR-Transitstrecke zwischen Berlin und Hannover, und die Verbindung zum Himmel kann für all jene erschreckend direkt sein, die eines der Schlaglöcher vom Durchmesser eines Klodeckels übersehen. Aber dafür geben sich die AnwohnerInnen alle erdenkliche Mühe, damit es wenigstens am Straßenrand sauber und ordentlich aussieht. „Adopt a Highway“, zu deutsch: „Adoptieren Sie eine Autobahn“ – so heißt ein landesweit beliebtes Programm zur gemeinnützigen Freizeitbeschäftigung.

Und so rollt mensch von Städtchen zu Städtchen, von Meile zu Meile und wird per Verkehrsschild von den Adoptiveltern begrüßt. Der erste Streckenabschnitt gehört den örtlichen Pfadfindern, der nächste dem Rotary-Club, der dritte dem Nudistenverband. Sie alle eint die Liebe zur Autobahn, wofür ihre Mitglieder allmonatlich einen Müllsack in die Hand nehmen, um links und rechts der Strecke Bierdosen, geplatzte Reifen, verbeulte Radkappen, Hausmüll, Plastiktüten, Styroporbecher oder Zigarettenkippen aufzulesen – alles, was der Reisende in diesen Zeiten im glücklich machenden Stadium des Transits so fallen läßt.

An diesem Gesellschaftsspiel möchte in Texas nun auch einer der größten Umweltverschmutzer des gesellschaftlichen Klimas, der Ku- Klux-Klan, teilnehmen. Ganz arglos, als eine von vielen Gruppen im bunten gesellschaftlichen Spektrum, hat sich der KKK um zwei Meilen des Highway 105 beworben – und zwar, bitte schön, genau vor jener Sozialbausiedlung, in die auf Anordnung des Bundes letzten Monat erstmals vier schwarze Familien unter dem Schutz der Bundespolizei einziehen durften – Zustände, die man eigentlich seit den sechziger Jahren für abgeschafft hielt.

Dies hat die Rassistentruppe aufs tiefste getroffen, doch ihre zahlreichen Drohgebärden und Demonstrationen vor der Wohnsiedlung hat ein texanisches Gericht vorerst untersagt. Bis auf 150 Meter darf sich kein Klanmitglied mehr dem Häuserkomplex nähern. Nun kommen sich die selbsternannten Retter des protestantischen Teils der weißen Rasse besonders schlau vor. Gemeinnütziges Müllaufsammeln – so behaupten sie und verweisen auf einen Präzedenzfall im benachbarten Bundesstaat Arkansas – kann ihnen der Staat nicht verwehren. Ein Stückchen Autobahn zu adoptieren sei ein Bürgerrecht – und die Mitgliedschaft im Ku-Klux-Klan nichts weiter als politische Partizipation. Der texanische Generalstaatsanwalt sieht das anders. Das letzte Wort hat nun das Gericht.

Im Fall eines Sieges dürfte die Feierstimmung auf seiten der Rassisten von kurzer Dauer sein. Bürgerrechtsgruppen sammeln jetzt schon Müll, den sie dann säuberlich auf den beiden Straßenmeilen des Ku-Klux-Klan verteilen. Gefragt ist alles, was sperrt, stinkt, schimmelt und schleimt – von Essensresten über Tierkadaver bis zu rassistischer Literatur. Anschließend den Müllpatrouillen des Ku-Klux- Klan beim Aufsammeln zuzusehen – davon kann mensch noch in fünfzig Jahren den Enkelkindern erzählen.

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