Kanther will nicht für Kroaten zahlen

■ Innenminister verhandeln heute über die „Rückführung“ von 100.000 kroatischen Flüchtlingen / Bundesregierung ist nicht bereit, die Kosten zu übernehmen

Bonn (taz) – Im Streit um die geplante „Rückführung“ von 100.000 kroatischen Flüchtlingen in ihr Herkunftsland haben sich die Fronten vor dem heutigen Treffen der Innenminister der Länder und des Bundes weiter verhärtet. Ins Zentrum der öffentlichen Auseinandersetzung zwischen SPD-Landespolitikern und Bundesinnenminister Manfred Kanther rückt immer mehr die Frage der Finanzierung.

Gestern wurde nach einem Koalitionsgespräch mit dem Bundeskanzler sowie den Fraktions- und Parteivorsitzenden bekannt, daß die Bundesregierung nicht bereit ist, sich an den Kosten für den Aufenthalt der Flüchtlinge zu beteiligen. Es gebe keinen Anlaß, von der mit den Ländern vereinbarten Kostenverteilung abzuweichen, hieß es.

Den Flüchtlingen droht die Ausweisung, wenn ein Beschluß der Innenministerkonferenz (IMK) vom 26. November vergangenen Jahres vollzogen wird, wonach der Abschiebestopp nicht über den 30. April hinaus verlängert werden soll. Die SPD-regierten Länder, die damals zustimmten, drohen inzwischen, den Beschluß auszusetzen, solange bestimmte Bedingungen nicht erfüllt sind. Sie fordern Härtefallkriterien, ein Aufbauprogramm für Rückkehrer nach Kroatien und die Verteilung der finanziellen Lasten für das Rückkehrprogramm und den Aufenthalt in Deutschland zwischen Bund und Ländern.

Daß der Bundesinnenminister heute in der Finanzierungsfrage einlenkt, wird nicht erwartet. Als mögliches Ergebnis des Treffens mit Kanther gilt ein Kompromiß, wobei auch Kanther und der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) einem Härtefallkatalog zustimmen, der neben ethnisch gemischten Familien und Menschen aus umkämpften oder serbisch gehaltenen Gebieten auch Deserteure umfaßt sowie Flüchtlinge, die in Deutschland bei Verwandten wohnen und von diesen finanziert werden. – Für eine differenzierte Härtefallregelung, wie sie auch der deutsche Vertreter des UN-Flüchtlingskommissars verlangt, hatte sich kürzlich die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Cornelia Schmalz-Jacobsen, ausgesprochen.

Während der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Burkhard Hirsch, gestern die Möglichkeit einer „menschenwürdigen“ Existenz als Voraussetzung einer Rückführung nannte, erklärte sein Kollege von der CDU/CSU-Fraktion, Erwin Marschewski, die Kroaten seien nicht als Bürgerkriegsflüchtlinge in die Bundesrepublik gekommen. Indirekt sprach sich auch Marschewski für eine Härtefallregelung aus. Hans Monath