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Schuld sind die anderen

■ Diskussion über Politikverdrossenheit

„Natürlich bin ich hier heute auch als Wahlkämpferin“, gestand die sozialdemokratische Landtagskandidatin Christa Elsner-Solar und erklärte damit auch gleich, warum der gutgemeinte Versuch einer Diskussionsveranstaltung der Jusos zum Thema Politikverdrossenheit mißlang. Genauer wollte man über „die Schuld der Parteien an der Krise in der Politik“ diskutieren. Aber wenige Wochen vor den Landtagswahlen in Niedersachsen waren die ReferentInnen bemüht, die Schuld für die Politimüdigkeit der Menschen vor allem dem politischem Gegner zuzuschieben.

Die CDU/CSU habe den Menschen vor der letzten Bundestagswahl „die Hucke volgelogen“. Solange man mit Lügen Wahlen gewinne, werde sich auch die Politik nicht ändern, so die stellvertretende SPD-Parteivorsitzende Heidemarie Wieczorek-Zeul.

„Wir sind die Guten und die anderen sind die Bösen“, rief eine Stimme aus dem Publikum der ehemaligen Juso-Vorsitzenden ironisch entgegen, als diese auch in der Folgezeit über die „Schlammschlachten von CDU/CSU“ klagte. Doch Kritik an ihrer eigenen Partei wollte Wieczorek-Zeul nur an „der SPD vor einigen Monaten“ üben, die „ein Verein von Individualisten“ gewesen sei und so zur Orientierungslosigkeit in der Bevölkerung beigetragen habe.

Differenzierte Äußerungen kamen an diesem Abend einzig vom Hannoveraner Politologen Jürgen Seifert. Es gebe keine Politikverdrossenheit, sondern eine Verdrossenheit an den Parteien, deren Politik sich auf Feindbilder und Kampagnen reduziere und in denen es teilweise nur noch um klare Eigeninteressen gehe. Es müsse in der Politik wieder um die Probleme gehen, die gelöst werden müssen. Erst wenn Perspektiven eröffnet würden, um die Gesellschaft zu verändern, werde auch die Bereitschaft zu politischem Engagement wieder zunehmen, meinte der Politologe.

Danyel Reiche

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