: Politische Karikatur und Idylle
■ Ausstellung der afrikanischen Malerin Moseka Yogo Ambake im Museum für Völkerkunde
Holzträgerinnen in weiter Landschaft, Männer mit Schweineköpfen, Frauen mit Flügeln und der „Weltpolizist“ mit Aufschrift im Bild – für die Gemälde der Moseka Yogo Ambake gibt es keine griffige Einordnung. „Populäre Malerei“ oder „Surrealismus“, solche europäisch präzisierenden Abgrenzungen der Kunstkritik greifen nicht gegenüber einer Autodidaktin aus Zaire. So mögen Krokodile mit Leopardenmütze oder überlebensgroße Elefanten für den ersten Blick vielleicht surreale Versatzstücke sein, am Kongo aber ist klar, daß in beiden Fällen Zaires Staatschef Mobuto gemeint ist.
„Afrikanische Kunst ist immer erzählend“ sagen Heinz Jockers und Wulf Lohse vom Völkerkundemuseum und entschuldigen damit die in einer Kunstausstellung sonst unüblichen, erklärenden Schrifttafeln. Die beiden Kuratoren entdeckten Mosekas Malerei bei einem Festival afrikanischer Kunst 1992 in Maastricht und luden sie zur Hamburger Reihe „Malerei in Afrika heute“ ein.
In ihrer ersten Ausstellung in Deutschland bietet die Künstlerin mal plakativ karikierendes politisches Statement, mal idyllisch gemalte Erinnerung an das alte Afrika. Dabei sind ihre Arbeiten immer von der Unmittelbarkeit eigener Erfahrung getragen. Der durchakademisierte europäische Kunstbetrieb kann dies nur gespalten rezipieren: hier wird das als naive Malerei abschätzig den Amateuren überlassen, was als Ausdruckskraft der „dritten Welt“ bei dortiger Kunst besonders geschätzt wird.
Moseka kennt die halbseidenen Zustände in der Amüsierwelt der neokolonial strukturierten Stadtgesellschaft von Kinshasa, die sie in ihren Bildern zum Thema macht, aus eigenen Erfahrung, etwa als Nummern-Girl in einem Variete. Der Weg vom verlockenden „Chic-Choc-Check“ (ein französisches Wortspiel etwa des Inhalts: chic, amüsant, scheckbezahlt) bis zur Abtreibung erlebte sie ebenso wie den nicht unkritisch genossenen gepflegten Müßiggang der hauptstädtischen Oberschicht im Villenviertel von Mont Ngafula, auf den die Nachbarskinder am Zaun neidische Blicke werfen.
Verheiratet mit dem belgischen Innenarchitekten Thierry Dartois ist für sie auch die Begegnung von schwarz und weiß immer wieder bildnerisches Thema. Seit 1986 stellte sie in Kinshasa aus, 1991 im südafrikanischen Johannesburg, seit 1992 in Europa. Die Stadt und die Kunstszene sind nun ihr Ersatz geworden für nostalgisch verklärte Pygmäendörfer, gehört doch auch ihre Familie zu den Betroffenen der neuen Wirren in Zaire. Die Werkstätten ihres Mannes und der Ort ihrer ersten Ausstellung, die Galerie van Bever in Kinshasa, wurden durch kriegerische Auseinandersetzungen zerstört, die Künstlerin lebt und arbeitet inzwischen in Brüssel. Hajo Schiff
Katalogheft 16 Mark, „Innensichten-Außensichten“, Museum für Völkerkunde, Rothenbaumchaussee 64, bis 8.Mai.
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