piwik no script img

Heile Weltstadt

■ Die Tourismus-Zentrale stellt ihr neues Hamburg-Video vor

Sanfte Flötenklänge erinnern an Werbefilme gewisser Kleidermarken, die Fahne flattert leis' im Wind und traulich dümpelt der Kahn. „Hamburg ist das Tor zur Welt“, lagert sich erklärend eine nette Frauenstimme über die ersten Bilder des gemeinsam mit der Wirtschaftsbehörde für 79.000 Mark produzierten Videofilms Hamburg in 24 Stunden, mit dem die Tourismus-Zentrale ab März im In- und Ausland für die Hansestadt werben will.

Daß das „Tor zur Welt“ gleich wieder geschlossen wird und die Zuschauer zehn Minuten auf die schwarze Leinwand schauen, ist nur einer technischen Panne zuzuschreiben. Schon geht's weiter mit den schönsten Seiten des norddeutschen „Wirtschafts-, Industrie- und Handelszentrums“, in der etwa 1,7 Millionen Menschen täglich mit der „OK-Radio-Morning-Show“ motiviert und fröhlich aus den Federn springen.

Historisch wertvolle Kontorhäuser neben moderner glasbetonender Architektur - unsere Architekten sind „gut in Form“, folgert die heiter kommentierende Stimme (Text: Heiner Scharfenroth) des im Herbst 1993 von Frank Traeger gedrehten Films. In der Stadt der „funkelnden Seen“, der fünf Millionen gesunden Bäume - „wir Hamburger lieben unser Grün“ - und der vielen vielen Brücken - falls mal kein Hotelbett mehr frei ist - , fühlt sich die „moderne Welt des Business“ wohl. Abends bietet ein Besuch auf der sündigen Meile den von den Freuden des Tages noch nicht Gesättigten allerlei „Zweideutigkeiten, die im Laufe der Nacht immer eindeutiger werden“. Der Fischmarkt soll als „letzter Akt der Samstagnacht“ beweisen, daß das „Tor zur Welt nie geschlossen wird“.

Schönes Hamburg - und malerisch in Szene gesetzt. Einem kritisch maulenden Zuschauer fehlte allerdings das Thema Sport. Da hatte er recht ... und außerdem all die weniger funkelnden Seiten der hübschen Metropole. Doch die ungeschönte Wirklichkeit geht nun mal entschieden am Werbeauftrag vorbei. Da kann man nichts machen. Simone Ohliger

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen