piwik no script img

■ Das PortraitLore Lorentz

Daß sie schon früh zur „Grande Dame“ des deutschen Kabaretts erklärt wurde, lag wohl weniger an der lange fehlenden weiblichen Konkurrenz. Ihre raumgreifende Präsenz, mit der sie über mehrere Jahrzehnte das kleine Kom(m)ödchen in Düsseldorf allabendlich zu einer großen Bühne machte, ihr grollendes böhmisches „R“, welches sie selbst nach vierzig Lebensjahren im Rheinland nicht abgelegt hatte, und diese elegant zur Schau gestellte Verkniffenheit um die Mundwinkel, mit der sie ihre Texte präsentierte – all das machte Lore Lorentz früh zu einer unverwechselbaren Protagonistin des politischen Kabaretts.

Sie selbst hat die ihr entgegengebrachte Ehrfurcht immer eher irritiert. Denn ihr künstlerisches Wirken speiste sich stets aus einer sehr „handfesten Wut“, ihrem nie erlahmenden politischen Engagement: „Wir dürfen die Demokratie nicht verplempern“, hat die 1920 als Lore Schirmer in Mährisch-Ostrau geborene Schauspielerin einmal gesagt – ein Satz, der über dem Eingang des Kom(m)ödchens hängen könnte, das sie gemeinsam mit ihrem Mann Kay 1947 in einem Düsseldorfer Kneipenzimmer gründete.

Grande Dame des deutschen Kabaretts Foto: Ch. Schulz/Paparazzi

Weil die engagierte Diseuse unerwartet ausgefallen war, stellte sich Lore Lorentz bei der ersten Premiere kurzerhand selbst auf die improvisierte Bühne. Vierzig Jahre lang hat sie von dort aus dann gemeinsam mit ihrem Mann das politische Treiben der Bundesrepublik mit unzähligen Kabarettprogrammen begleitet. Bekannte Künstler wie Dieter Hildebrandt, Werner Schneyder, Hanns Dieter Hüsch oder Thomas Freitag hatten immer wieder Gastspiele in ihrem Haus vis à vis des Rheins.

Als in den siebziger Jahren eine neue, ganz anders agierende Kabarettisten-Generation nachwuchs, stellte das Ehepaar jungen Talenten wie Jochen Busse oder Harald Schmidt die Bühne zur Verfügung. Immer seltener trat Lore Lorentz, die schon länger ernstlich erkrankt war, in den letzten Jahren selbst ins Licht der Öffentlichkeit. Am Dienstag starb sie im Alter von 73 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung. Die öffentliche Beisetzung wird kommenden Montag um 11 Uhr auf dem Heerdter Friedhof stattfinden. Ausdrücklich betonte Sohn Kay Sebastian, jeder sei eingeladen, dort von Lore Lorentz Abschied zu nehmen. klab

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen