: Walvis Bay namibisch
■ Südafrika übergibt Tiefseehafen
Johannesburg (epd) – In der südafrikanischen Exklave Walvis Bay steht ein Flaggenwechsel bevor. Vier Jahre nach der Unabhängigkeit Namibias wird das 1.224 Quadratkilometer große Gebiet am Atlantischen Ozean an Namibia übergeben. Die Walfischbucht liegt rund 600 Kilometer nördlich der südafrikanischen Grenze, mitten in Namibia. Am 28. Februar um Mitternacht wird die südafrikanische Fahne eingezogen und die namibische Flagge gehißt.
Walvis Bay ist einer der tristesten Plätze an der südwestafrikanischen Küste. Zwischen den gelben Dünen der endlosen Namib-Wüste und dem blauen Atlantik dämmert die 36.000-Einwohner-Siedlung vor sich hin. Die Wohngebiete für Weiße, Mischlinge und Schwarze sind noch immer strikt getrennt. Es gibt eine Brauerei, ein paar Kneipen und ein Kino. Das Hotel „Atlantik“ mit zwölf Zimmern in der 7. Straße ist das einzige am Platz.
Die Stadt verdankt ihre Existenz ausschließlich der Bucht, dem einzigen natürlichen Tiefseehafen der Region. Für die Walfänger, die Walvis Bay vor rund 200 Jahren den Namen gaben, war die schützende Bucht nicht mehr als ein Ankerplatz gewesen. 1878 annektierte Großbritannien die vegetationslose Bucht und gliederte sie seinen südafrikanischen Besitzungen an. Das umliegende Gebiet wurde sechs Jahre später vom kaiserlichen Deutschland als Kolonie Deutsch-Südwestafrika in Besitz genommen.
Namibia hatte seit seiner Unabhängigkeit 1990 auf einer Rückgabe der weiterhin von Südafrika beanspruchten Walfischbucht bestanden. Nach intensiven Gesprächen einigten sich beide Seiten im August 1992 auf eine gemeinsame Verwaltung. Ein Jahr später wurde die Übergabe an Namibia beschlossen.
In Namibias Hauptstadt Windhuk ist man zufrieden. Pläne für den Neubau eines eigenen Tiefseehafens können nun zu den Akten gelegt werden. Walvis Bay wird zum Tor Namibias und zu seinem Fischereizentrum. Die Regierung unter Präsident Samuel Nujoma erhofft sich nicht nur eine profitable Einnahmequelle, sondern auch einen beträchtlichen Zuwachs an Auslandsinvestitionen.
An zwei Straßenprojekten, die den Hafen Walvis Bay mit Sambia und Simbabwe im Norden und mit Botswana im Osten verbinden sollen, wird bereits gearbeitet. Walvis Bay soll nicht nur ein einträglicher Transithafen, sondern auch eine Freihandelszone werden. Auf diese Weise könnte die triste Siedlung sich in ein pulsierendes Wirtschaftszentrum verwandeln.
Der Anschluß an Namibia stößt auf Zustimmung bei der schwarzen Bevölkerungsmehrheit und bei weißen Geschäftsleuten, die sich eine bessere Zukunft versprechen. Viele Weiße, die nicht von Schwarzen regiert werden wollten, waren dagegen noch kurz vor der Unabhängigkeit Namibias ins „südafrikanische“ Walvis Bay gezogen. Sie wehrten sich mit Händen und Füßen gegen die Übergabe. Der deutschstämmige Berthold Bahr gründete gar die Bewegung „Freiheit für Walvis Bay“, der sich 2.000 Gleichgesinnte anschlossen. Frank Räther
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