: Biblis A: Stecker raus – und alle Knöpfe auf Null?
■ Bundesumweltminister Töpfer droht Fischer mit Weisung
Frankfurt/Main (taz) – Noch hat der hessische Umweltminister Joschka Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) kein offizielles Wort zur Zukunft von Block A des AKWs Biblis in Südhessen verlautbaren lassen. Doch schon kündigte Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) eine bundeshoheitliche „Weisung“ an, wenn Fischer den wegen Revision stillgelegten Altmeiler nicht wieder ans Netz gehen lassen sollte. Und die hessische CDU warnte Fischer am Wochenende — nach einem Gespräch mit dem Betriebsrat in Biblis – eindringlich davor, „Hand an die Industriegesellschaft“ zu legen: „Die Blöcke A und B in Biblis müssen auch in Zukunft uneingeschränkt zur Sicherung der Stromerzeugung genutzt werden können.“
Was die Herren von der Union so in Rage bringt, haben sie allerdings einem ihrer Parteifreunde zu „verdanken“. Anfang 1991 hatte der christdemokratische Umweltminister Karlheinz Weimar insgesamt 49 Sicherheitsauflagen für den zweitältesten Atommeiler der Republik und eine Frist für deren Umsetzung festgelegt: Bis Anfang 1994 sollten die Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke (RWE) als Betreiber von Biblis A und B in Wiesbaden den Vollzug dieser Sicherheitsauflagen vermelden. Doch die Betreiber haben (fast) keine der Weimarschen Auflagen umgesetzt – vor allem nicht die Auflagen zur Herstellung der Erdbebensicherheit des Reaktors und zum Brandschutz.
Mit nachgerade revolutionärer Geduld und Zähigkeit hat Fischer auf seine Chance in Sachen Biblis gewartet. Daß sie ihm sein christdemokratischer Vorgänger Weimar sozusagen frei Haus geliefert hat, dürfte – aus Sicht der Union – einer der berühmten Treppenwitze der Geschichte sein. Daß Weimar 1991 als für die Sicherheit atomarer Anlagen zuständiger Minister das Recht hatte, einer Betreibergesellschaft atomarer Anlagen Sicherheitsauflagen zu erteilen, steht außer Zweifel. Und für das Haus Fischer – so war zu hören – bestehen offenbar keinerlei Zweifel daran, daß der nicht vollzogenen Umsetzung der Sicherheitsauflagen zwangsläufig die Stillegung des Reaktors folgen müsse: Stecker raus – und alle Knöpfe auf Null?
Doch das sieht Töpfer anders: Bei den Weimar-Auflagen habe es sich lediglich um „Vorsorgemaßnahmen“ gehandelt, die „in angemessener Frist“ umzusetzen seien. Und die von Weimar 1991 festgelegte Frist von drei Jahren, so Töpfer erst heute, sei nicht angemessen.
Die Union in Hessen sattelte noch drauf: Fischer selbst sei schuld daran, daß RWE die Sicherheitsauflagen nicht habe erfüllen können. Der Grüne habe Investitionen in Biblis blockiert und damit sicherheitsverbessernde Maßnahmen verhindert und Arbeitsplätze gefährdet, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Roland Koch.
Klaus-Peter Klingelschmitt
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen