: Keine klaren Mehrheiten an der Costa
■ Regionalwahlen in Nicaragua: FSLN und Somozisten vorn
Managua (taz) – Bei den Wahlen in den Autonomen Regionen Nord und Süd (RAAN und RAAS) an Nicaraguas Atlantikküste hat sich Liberal-Konstitionalistische Partei (PLC) des somozistischen Bürgermeisters von Managua, Arnoldo Aleman, knapp vor der Sandinistischen Befreiungsfront (FSLN) durchgesetzt. Nach Auszählung von etwa 90 Prozent der Stimmen lagen die Sandinisten im Norden knapp hinter der PLC (PLC: 32,46 Prozent, FSLN: 30,23), klar vor der konservativen UNO-Allianz (0,97 Prozent) und der Miskito-Organisation Yatama 22,3 Prozent). In der südlichen RAAS ist der Vorsprung der PLC etwas knapper. Ex-Präsident Daniel Ortega (FSLN) sah in den Ergebnissen einen Erfolg, da es der Rechten nicht gelungen sei, die FSLN zu zerstören, was viele gehofft hätten.
Nach den bisherigen Daten – das offizielle Endergebnis wird erst am Mittwoch bekanntgegeben – errechnet sich in den Regionalparlamenten jeweils eine knappe Mehrheit der Sitze für die PLC. Aber in beiden Regionalparlamenten wird keine Partei stark genug sein, allein den Gouverneur zu bestimmen. Die Konstellation zwingt zu Koalitionen.
Die ersten Hochrechnungen hatten in beiden Teilregionen einen knappen Sieg der FSLN errechnet. Schon beschwichtigte die konservative La Prensa, daß „die demokratischen Parteien“ insgesamt die Mehrheit hätten und gegen die FSLN Front machen sollten. Die Sandinisten hingegen werden versuchen, innerhalb der Regionalparlamente Konsensentscheidungen zu fördern. Schon im Wahlkampf beschworen sie die Einheit der Küstenbewohner gegen die Zentralregierung.
Nachdem die sandinistische Regierung in den ersten Jahren der Revolution mit eiserner Faust eine vermeintliche Sezessionsbewegung unterdrückt und die Atlantikküste militarisiert hatte, verabschiedete sie 1987 ein Autonomiegesetz, das für Lateinamerika Vorbildcharakter hat. Die Autonomie, die den Bewohnern der Region neben kulturellen Rechten auch Mitsprache bei der Verwendung der Ressourcen einräumen soll, wurde aber nie effektiv, da das entsprechende Durchführungsgesetz fehlt. Die Sandinisten hatten es damit nicht eilig, und die neue Regierung unter Violeta Chamorro erwies sich als äußerst autonomiefeindlich. Die von UNO-Leuten und ehemaligen Yatama-Guerilleros beherrschten Regionalregierungen wiederum taumelten von einem Korruptionsskandal in den nächsten. So sind die Sandinisten die einzigen, die ernsthaft an einem Entwurf für das Durchführungsgesetz gearbeitet haben. Ihr Einsatz für die Autonomie war glaubwürdig. Das erklärt, warum die FSLN, obwohl sie an der Atlantikküste viel Blutvergießen zu verantworten hat, so gut abschneidet. Auf künftige Wahlen im Rest des Landes lassen die Wahlergebnisse keine seriösen Rückschlüsse zu.
Internationale Beobachter und die Funktionäre des Obersten Wahlrates sprachen von einem sauberen Urnengang, an dem auch die Wahlverlierer keine Unregelmäßigkeiten finden konnten. „Ein Beispiel für die Welt“, meinte Carlos Dos Santos, der Chef der UNO- Beobachter. Zwischenfälle wurden vor allem aus dem Norden gemeldet, wo Mitglieder einer Wahlkommission, die im Kanu unterwegs waren, von Contras gestoppt wurden. In der Minenstadt Siuna gab es Verletzte bei Schlägereien zwischen Sympathisanten verschiedener Parteien. Aus dem Minengebiet wurde auch ein Bestechungsversuch durch den lokalen Vorsitzenden der PLC gemeldet. Für einen Brand im Regierungsgebäude von Puerto Cabezas, der Hauptstadt der RAAN, machten sich Yatama und FSLN gegenseitig verantwortlich. Wahrscheinlich entstand das Feuer jedoch durch einen Unfall. Ralf Leonhard
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