: Gemeinschaft der 12, der 13, der 14, der...
■ Schwedens EU-Beitritt ist abgeschlossen, Verhandlungen mit Norwegen wurden vertagt
Brüssel (taz) – Nach viertägiger Dauersitzung mit zahlreichen Rückschlägen haben die 12 Außenminister der Europäischen Union die Beitrittsverhandlungen mit Schweden erfolgreich abgeschlossen. Damit haben sie zum erstenmal seit 1986 wieder den Weg für ein Neumitglied frei gemacht. Gegen Abend rückte auch ein Abschluß mit Finnland in greifbare Nähe, und selbst mit Österreich und Norwegen wurden die Verhandlungen wieder mit Aussicht auf Erfolg aufgenommen.
Die Gespräche drohten in der Nacht zuvor immer wieder zu scheitern, weil es vor allem zwischen der EU einerseits und den Kandidaten Österreich und Norwegen andererseits kaum eine Annäherung gab. Erst als die EU-Außenminister gestern mittag drohten, notfalls nicht alle vier Länder gleichzeitig aufzunehmen und mit dem verhältnismäßig unproblematischen Antrag der Schweden den ersten Abschluß machten, kam wieder Bewegung in die Gespräche. Die Angst zurückzubleiben, ließ sogar die norwegische Delegation wieder zurückkehren, nachdem sie sich zwischenzeitlich auf eine Vertagung der Gespräche auf nächste Woche eingestellt hatte.
Es wird jedoch in Brüssel davon ausgegangen, daß über den norwegischen Antrag erst am 8. März entschieden werden kann, weil die Positionen derzeit noch zu weit auseinander liegen. Im Streit um den Zugang vorwiegend der südeuropäischen Länder zu den norwegischen Fischgründen ist keine Lösung in Sicht. Die norwegische Regierung gab sich gestern überzeugt, daß ein Nachgeben ihrerseits zwangsläufig zu einem Scheitern des für den Beitritt notwendigen Referendums führen würde.
Aus demselben Grund hielt gestern auch Österreich an der vollen Laufzeit des Transitabkommens fest, das die Durchfahrt für Lastwagen unter ökologischen Gesichtspunkten begrenzt. Aber nach dem überraschenden Durchbruch mit Schweden glaubten auch österreichische Beobachter, daß die Regierung nun unter erheblich stärkerem Druck stehe, Lösungen zu finden.
Der schwedische Ministerpräsident Carl Bildt bezeichnete das Abkommen mit der EU als das wichtigste, das Schweden in diesem Jahrhundert geschlossen habe. Zwar konnte sich Schweden, das unter den Kandidaten mit Abstand der größte Nettozahler sein wird, mit seiner Forderung nach einem Beitragsrabatt nicht durchsetzen, bekam jedoch die Zusage für einen höheren Zuschuß für die Landwirtschaft.
Nach Angaben eines Kommissionssprechers sollen die vier Länder in den ersten vier Jahren zusätzliche 1,4 Milliarden Mark erhalten, um ihren unter besonders schwierigen Umständen arbeitenden Bauern in den arktischen und in den hochalpinen Regionen den Übergang zu den Einheitspreisen des Binnenmarktes zu erleichtern. Wenn alle vier Kandidaten beitreten, ergibt sich trotzdem ein Überschuß für die EU von jährlich rund zwei Milliarden Mark. Harte Kritik gab es dagegen an der Verhandlungsführung der Griechen, die zur Zeit den Vorsitz im Ministerrat führen. Chaotische Verhandlungsführung war noch einer der milderen Vorwürfe. Bis zum 10. März müssen die Verhandlungsergebnisse dem Europäischen Parlament vorliegen, für den Sommer sind in allen Beitrittsländern Volksabstimmungen angesetzt. Alois Berger
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