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Töpfer: Biblis ans Netz!

■ Fischer: Vor Montag passiert nichts

Wiesbaden (taz) – „Jetzt hat Töpfer endgültig in der Hosentasche der RWE Platz genommen.“ Mit Spott reagierte der hessische Umweltminister Joschka Fischer gestern auf die bundesaufsichtliche Weisung des Bonner Kollegen Klaus Töpfer (CDU). Töpfer verlangt, die zur Aufklärung der Ursachen für einen Turbinenbrand von der hessischen Atomaufsichtsbehörde verfügte einstweilige Stillegung von Biblis A wiederaufzuheben. Fast zeitgleich ging im Ministerium in Wiesbaden ein Schreiben ein, in dem die Biblis-Betreiberin RWE die Erlaubnis für ein Wiederanfahren des Reaktors „um Mitternacht“ forderte.

Die neue Weisung impliziere das Ende der 49 Sicherheitsauflagen, die sein Vorgänger Karlheinz Weimar (CDU) 1991 für Biblis A erlassen habe, schimpfte Fischer. Töpfer stelle das Betreiberinteresse der RWE über die Sicherheitsinteressen der Bevölkerung. Die Atomabteilung des Bonner Ministeriums könne ja gleich bei RWE in Essen angesiedelt werden, höhnte der Bündnisgrüne.

Obwohl der weltweit anerkannte Brandschutzexperte Prof. Schneider aus Wien noch kein abschließendes Gutachten über die Brandursachen vorlegen konnte und RWE das geforderte Brandschutzkonzept schuldig geblieben sei, verlange Töpfer, Biblis wieder ans Netz gehen zu lassen. Töpfer stützt sich bei seiner Entscheidung auf ein Blitzgutachten der Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS). Danach soll es trotz der Sicherheitsdefizite „keine Gründe gegen das Wiederanfahren des Kernkraftwerks“ geben.

Dem Wunsch der RWE, Biblis A um Mitternacht wieder anfahren zu dürfen, kam Fischer gestern dennoch nicht nach. Er und die gesamte Landesregierung seien der Auffassung, daß zuvor das „Brandereignis“ von den bestellten Gutachtern abschließend bewertet werden müsse. Für Montag hat Fischer Prof. Schneider und die Gutachter der GRS nach Wiesbaden eingeladen. Doch die, so war zu hören, kommen erst dann, wenn Töpfer es ihnen gestattet. kpk

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