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Israel: Verbot zweier Siedlergruppen

■ Kabinett verbietet rechtsradikale Kach und Kahane Chai

Tel Aviv (taz) – Die israelische Regierung hat gestern einstimmig beschlossen, zwei militante ultrarechte Organisationen als verbotene Terrororganisationen einzustufen. Das Verbot der von Rabbiner Meir Kahane gegründeten „Kach“ und der „Kach-Kahane Chai“ (Kahane lebt) erfolgte aufgrund der „Verordnung zur Vermeidung des Terrors“ aus dem Jahr 1948, als ein solches Verbot erstmalig nach dem Mord an Bernardotte in Jerusalem gegen die Gruppe „Lechi“ (Lohamei Herut Jisrael) verhängt wurde. Im Jahre 1948 wurden aufgrund der damals neuen Verordnung in wenigen Tagen über 200 Mitglieder der von Jitzhak Schamir angeführten Gruppe festgenommen.

Michael Ben Yair, der Rechtsberater der Regierung, teilte nach der gestrigen Regierungssitzung mit, daß sich das Verbot der beiden Organisationen auch „auf Gruppen bezieht, die sich mit den Kach- Zielen identifizieren“. Damit soll den „Kach“- und „Kahane Chai“- Führern die Möglichkeit genommen werden, ihre Vereine unter neuem Namen zu reorganisieren. Baruch Marzel, einer der bereits im Untergrund tätigen „Kach“- Führer, hat bekanntgegeben, daß seine Organisation auch in der Illegalität aktiv bleiben wird.

Zumindest formell steht auch die PLO weiterhin auf der Liste der Terroristenorganisationen, jetzt also in der gleichen Kategorie wie die islamistische „Hamas“, „Kach“ und „Kahane Chai“.

Aus Regierungskreisen verlautete, daß der Verbotsbeschluß zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Wiederaufnahme der Verhandlungen mit der PLO erleichtern und die öffentliche Meinung nach dem Massaker von Hebron und am Vorabend des Washington-Besuchs von Ministerpräsident Rabin möglichst günstig stimmen soll. In Jerusalem hofft man auch, daß das Verbot die USA möglichst bald veranlassen wird, die Finanzierung und Bewaffnung der beiden Organisationen aus jüdisch-amerikanischen Quellen zu unterbinden.

„Kach“- und „Kahane Chai“- Vertreter haben jetzt die Möglichkeit, den Regierungsbeschluß beim obersten Gericht anzufechten. Ihre Aussichten auf Erfolg sind allerdings nicht sonderlich gut, weil es bereits seit 1988 einen Beschluß des Obersten Gerichtes gibt, der „Kach“ wegen ihres rassistischen Programms die Beteiligung an Knessetwahlen verbietet.

Grundsätzlich können alle Mitglieder der „verbotenen Terrororganisationen“ vor Gericht gestellt und allein aufgrund ihrer Mitgliedschaft zu Gefängnisstrafen zwischen 5 und 20 Jahren verurteilt werden. Ihr Eigentum kann beschlagnahmt werden.

Die praktische Durchsetzung des Verbots hängt allerdings jetzt von der Politik und den Beschlüssen der Sicherheitsbehörden ab. Einige der ursprünglich bewaffneten Kach-Führer sind im Laufe der letzten beiden Wochen verhaftet worden, andere befinden sich weiterhin auf freiem Fuß.

Das Verbot dieser rechtsextremsten Vereine Israels wurde auch von rechten Oppositionsparteien wie Likud und den National- Religiösen begrüßt, „weil der Kach-Extremismus der Siedlertätigkeit der Pioniere in Judäa und Samaria schadet“. Man solle jedoch „aus politischen Gründen“ keine gerichtlichen Schritte gegen Kach-Mitglieder einleiten, meinte der Abgeordnete Kazav.

Knessetmitglieder des linksliberalen Meretz-Blocks erklärten, daß man „Kach“ schon vor Jahren hätte verbieten müssen, weil es sich um paramilitärische Gruppen handelt, die vorhätten, alle Palästinenser zu vertreiben oder zu ermorden. Auch nach geltendem Recht wäre es längst möglich gewesen, aktive Mitglieder der extrem-militanten rassistischen Organisationen Kach und Kahane Chai vor Gericht zu stellen und zu Freiheitsstrafen bis zu 20 Jahren zu verurteilen. Amos Wollin

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