■ Nachgefragt: „Boykott forcieren“
Gerold Janssen von der Umwelt-Initiative Uni-Ost war in der vergangenen Woche als Aktionär bei der Jahreshauptversammlung der Siemens AG in München.
taz: Wie war die Reaktion vom Siemens-Vorstand auf die Fragen der Initiative?
Gerold Janssen: Wir haben Herrn von Pierer, das ist der große Vorsitzende und im Konzern auch für Standortpolitik zuständig, gefragt: „Stimmen Sie für Ihren Konzern dem Anspruch auf flächenschonende Anlagenpolitik unter Umweltaspekten zu? Auch am Beispiel der Standortumsiedlung Bremen? Ist Ihnen bekannt, daß der Bremer Umweltsenator für ein Gespräch über diesen Kompromiß zur Verfügung steht? Werden Sie dieses Angebot annehmen?“ Darauf hat er speziell keine Antworten gegeben. Er ist dann sichtlich aus der Rolle gefallen, die Fragen haben ihn gewaltig geärgert. Er merkt, daß auf diese Weise dieses Riesengeschäft für Siemens in die Binsen gehen kann, nämlich eine marktgerechte Immobilie billigst zugeschanzt zu bekommen.
Bewegt sich Siemens?
Von Pierer hat gesagt: „Herr Janssen, Sie haben ja überhaupt kein Mandat!“ Und das ist so schäbig, er merkt wohl nicht, daß es auch Mandate ethischer Art gibt, und das sind andere als die, welche Großunternehmen wie der Atombetreiber Siemens für einseitiges Profitstreben im Kopf haben: Ein Mandat zur Erhaltung unseres geschundenen Planeten. Er versucht, sich aus der Affäre zu ziehen, er sagt: „Ich stehe gut mit Herrn Fücks, wenn er was von mir will, kann er ja auf mich zukommen.“
Wer ist denn jetzt am Zug, Siemens oder der Senat?
Das ist es eben, jeder versteckt sich hinter dem anderen. Ich finde, der Hehler, nämlich Siemens, ist genauso schlimm wie der Stehler, nämlich der Senat. Fücks hat gesagt, wenn Siemens etwas will, und von Pierer sagt, wenn der Senat auf uns zukommt, dann können wir ja miteinander reden. Das ist ein Versteckspiel, eine Verantwortunglosigkeit gegenüber unserer wertvollen Natur. Beide sollten aufeinander zugehen. Wenn Fücks es ehrlich meint, könnte er sagen: –Herr von Pierer, ich habe von Herrn Janssen gehört, Sie warten darauf, angesprochen zu werden, dann mal los.– Im April steht an, daß ein Beauftragter des Vorstandes, Herr Briese, herkommt, und dann will er an Ort und Stelle die Sache ansehen und bereden. Ich möchte, daß dann auch die Politiker dabei sind, damit man auch konkret was besprechen kann.
Wie geht es jetzt weiter?
Für uns sind die Erkenntnisse zunächst mal, daß Siemens auf Umweltschutz überhaupt nichts gibt. Die machen nur umweltfreundliche Fertigung und Abfallvermeidung. Siemens muß schon viel mehr tun. Wenn Siemens weiter stur bleibt, dann werden wir den bundesweiten Boykott von Siemens forcieren. Fragen: bpo
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen