: Unterm Strich
Es kommt der Tag, da will die Säge sägen: Nun ist auch die Existenz des Berliner Goethe-Instituts in Frage gestellt. Ein hämisch „Konsolidierungsplan“ genanntes Teil, auf Berlin niedergegangen aus der Zentrale in München, sieht vor, zunächst die Räumlichkeiten und in Folge den Mitarbeiterbestand um ein Drittel zu reduzieren. Das Land Berlin, so der Leiter der Einrichtung gegenüber dpa, habe seinen Zuschuß von 200.000 Mark nicht gekürzt. Die prekäre Lage entsteht durch den Rückgang bei KursteilnehmerInnen, mit deren Gebühren sich das Institut zu einem Teil selbst finanziert. Während die Nachfrage nach Kursen in anderen Städten durchschnittlich 16 Prozent zurückgegangen ist, waren es in Berlin gleich 31 Prozent. Henner Oeppert, der amtierende Leiter, erklärt sich diese Disproportionalität mit der zunehmenden Ausländerfeindlichkeit. Außerdem sei der Berlin-Bonus von früher nicht mehr da (kann man wohl sagen. Wann gab's den zuletzt?).
Anderen MitarbeiterInnen zufolge steht zu befürchten, daß das Institut noch vor Inkrafttreten der Kürzung Anfang 1995 schon außer Puste sein wird. Wir halten Sie auf dem laufenden. Wieder stellt sich das Eisschollen-Feeling ein: Links und rechts neben einem bricht weg, was an Berlin einmal richtig und wichtig war, und macht diesem Glanz-und-Pup-Flair Platz, was gewisse Herrschaften eben mit so einer Hauptstadt verbinden.
Tusch, und lesen Sie jetzt: Gestern abend wurde die Leipziger Buchmesse mit einem Festakt im Gewandhaus eröffnet. Vier Tage lang werden 850 AusstellerInnen aus 28 Ländern ihre Frühjahrskollektionen passieren lassen. Donnerwetter: Autoren, sage ich Ihnen, Autoren haben die! Christa Wolf wird sprechen, Ephraim Kishon, Stephan Hermlin oder Christoph Hein, alles unter dem Motto „Leipzig liest!“. Die Vorsitzende des Verleger- und Buchhändlerverbandes Berlin-Brandenburg, Ruth Klinkenberg, merkt allerdings an, daß viele Verlage wohl doch nur recht halbherzig dort vertreten seien. Das hänge unter anderem mit der Tatsache zusammen, daß die Buchmesse seit 1990 „permanent in Frage gestellt wird“.
In einem Interview mit dem Freitag hat Frau Wolf übrigens erklärt, daß sie die PDS- Kandidatur ihres Kollegen Heym nicht gut findet, und zwar deshalb, weil sie in Konkurrenz zu der von Wolfgang Thierse stehe, der
nun einmal in seiner Partei, der SPD, die Stimme aus dem Osten darstelle. Da setze sich eine ungute deutsche Tradition fort, nämlich die der Zerfleischung der Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik. Wir lasen's und staunten nicht schlecht. Nu! Soll wieder Einheit? Die eine wahre Stimme aus dem Osten?
Die Damen und Herren von der Academy of Motion Picture Arts and Sciences, 5.000 sind's, haben am Dienstag abend ihre Voten für die Oscar-Verleihung abgegeben, welche am nächsten Montag stattfinden wird. Zwar wäre man allenthalben einigermaßen erstaunt, ja düpiert, wenn es nicht Steven Spielberg und sein Film und sein Hauptdarsteller und sein Nebendarsteller und was nicht noch alles würde. Hartnäckige Gerüchte wollen es aber, daß Jane Campions „Piano“ noch nicht vollends aus dem Rennen ist. Der Verleih „Miramax“ soll mit massiven Anzeigenklötzen die Damen und Herren Geschworenen zu beeinflussen versucht haben. Trotzdem verwettet die Filmredaktion dieser kleinen westeuropäischen Tageszeitung ihren gesamten Ferrero-Küßchen-Vorrat, wenn es soweit kommen sollte. Noch erschreckender wäre natürlich ein Patt zwischen den beiden, welches dazu führen würde, daß ein lachender Dritter die Lorbeeren einstriche oder was immer man mit Lorbeeren macht (man tut sie an die Ravioli-Soße, du Dummchen). Der Brite könnte sich dann die Hände reiben: In Form nämlich von Ivorys Was vom Tage übrigblieb oder gar Im Namen des Vaters (der ja nun mit amerikanischen Geldern gemacht wurde). Was die krönungsverdächtigen Damen und Herren Schauspieler angeht: Im Gespräch sind Angela Bassett, Larry Fishburne („Tina“), Liam Neeson und Anthony Hopkins, aber vor allem Tom Hanks. Wir nehmen Wetten entgegen.
Das Berliner Haus der Kulturen der Welt hat auf seiner Jahrespressekonferenz am Dienstag ein außergewöhnliches Ansinnen geäußert. Gesucht werden ab sofort Sponsoren, die den Dienstag finanzieren. Sonst gibt es neben dem Montag eben einen zweiten Schließtag. 3.100 Mark Betriebskosten könnte man so wöchentlich sparen. Macht im Jahr 161.200 Mark. Ein kulturpolitisches Novum: Ab sofort geht's nicht mehr um die Unterstützung einzelner Projekte, sondern um die substantielle Kulturversorgung. Schlau, das. Und tapfer. Und traurig.
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