Deutsche Müllmänner bleiben stur

Die deutsche Delegation versucht auf der Genfer Giftmüllkonferenz eine Abstimmung über ein Exportverbot für gefährliche Abfälle zu verhindern / Greenpeace protestiert  ■ Aus Genf Andreas Zumach

Plastikflaschen, Kabelreste, ein abgelaufener deutscher Paß (Nr. 4763453831, ausgestellt in Magdeburg): rund ein Tonne Sondermüll aus der Bundesrepublik, den Greenpeace-Mitglieder aus Indonesien zurückgeholt hatten, kippte die Umweltorganisation vor das Internationale Kongreßzentrum in Genf. Dort tagen seit gestern die 64 Staaten, die bislang die Baseler „Konvention über die Kontrolle des grenzüberschreitenden Transports gefährlicher Abfälle und dessen Beseitigung“ von 1989 ratifiziert haben. Die Aktion unterstrich die Forderung nach einem umfassenden Ausfuhrverbot für gefährliche Abfallstoffe aus den 24 OECD-Staaten in die übrige Welt und wies auf die Rolle des weltweit größten Müllexporteurs Deutschland hin. Da bisher erst der Bonner Bundestag, aber noch nicht der Bundesrat das Ausführungsgesetz angenommen hat, ist die Basler Konvention von Deutschland noch nicht ratifiziert. Deutschland sitzt – wie die USA – in Genf ohne Stimmrecht auf der Beobachterbank. Doch kein deutscher Vertreter erschien, um den Müll vor der Tür wenigstens symbolisch zurückzunehmen. Statt dessen betrieb die Delegation hinter den Kulissen Lobbyarbeit gegen ein lückenloses Exportverbot, das inzwischen von über 120 Staaten, darunter 14 OECD-Länder, gefordert wird. Die bisherige Lücke der Konvention, die die Ausfuhr selbst hochgiftigen Mülls erlaubt, solange er als wiederverwertbar deklariert wird, wollen die Deutschen unter allen Umständen erhalten. Doch da diese Position nur noch von Großbritannien, Kanada, Japan, Australien, den Niederlanden sowie (in abgeschwächter Form) den USA unterstützt wird, wäre bei einer Abstimmung die Zweidrittelmehrheit sicher.

Die deutsche Strategie ist es daher, eine Abstimmung zu verhindern. Auf einer internen Sitzung der EU-Staaten argumentierte die deutsche Delegation, erst einmal müsse eine Definition „gefährlicher Abfälle“ erarbeitet werden. Diplomaten anderer EU-Staaten sehen darin „dieselbe Verschleppungstrategie wie im März 1993“ – damals hatte die dänische EU- Ratspräsidentschaft vorgeschlagen, Exporte gefährlicher Abfälle ausnahmslos zu verbieten. Deutschland verhinderte den Beschluß mit dem Argument, die EU-Kommission solle zuerst die möglichen Folgen für die Industrie untersuchen.

Inzwischen hat die EU-Kommission ein Kompromißmodell vorgelegt: In Genf solle zwar grundsätzlich ein Exportverbot beschlossen werden, Müllausfuhren in Nicht-OECD-Staaten aber weiterhin möglich sein – auf Basis bilateraler Verträge zwischen Export- und Importstaaten und unter der Bedingung, daß die Importländer in einem Annex zur Baseler Konvention aufgeführt werden.

Doch selbst diese erhebliche Aufweichung eines allgemeinen Exportverbots lehnte die deutsche Delegation in den EU-Beratungen ab, um eine Abstimmung auf der bis Freitag anberaumten Konferenz zu verhindern.