Besondere Probleme

■ betr.: „Töpfer: Biblis ans Netz“, taz vom 12.3.1994, S.2

„Zugegeben — allzu groß ist die Chance einees atomaren Super- GAUs nicht: in den 28 Jahren nach Inbetriebnahme des ersten Kernkraftwerkes hat es, von einigen „kleinen“ Unfällen abgesehen, erst eine (!) richtige Katastrophe gegeben, und da diese „nur“ in der Ukraine und nicht etwa im dicht besiedelten Mitteleuropa stattfand, ist die Zahl der Toten, Todkranken und genetisch Geschädigter relativ gering...

Zugegeben — nicht jeder Atomunfall führt zur absoluten Katastrophe für die Bevölkerung: der erst kürzlich ausgestrahlte Film „Silkwood“ führte uns deutlich vor Augen, daß es auch viele „kleinere“ Unfälle — speziell in der Plutoniumverarbeitung — geben kann, durch die nur die dort Beschäftigten betroffen und geschädigt werden...

Zugegeben — auch eine nur vorübergehende Schließung eines Kernkraftwerkes oder einer Atomfabrik wie dem MOX-Brennelementewerk in Hanau kostet die Industrie mehr Geld, als die meisten von uns sich überhaupt vorstellen können...

Und zugegeben zuletzt — die endgültige Stillegung derartiger Anlagen kostet eine Menge Arbeitsplätze...

All diese Gründe mögen dafür sprechen, gerade in einer Zeit starker wirtschaftlicher Schwierigkeiten, auch mal „ein Auge zuzudrücken“ (besondere Probleme erfordern eben auch besondere Entscheidungen!).

Erstaunlich ist nur, daß es ausgerechnet der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (!) ist, der seinem um die Gesundheit der Bevölkerung sehr viel besorgteren hessischen Kollegen Weisungen erteilt und ihn zwingen will, die wegen eklatanter Sicherheitsmängel stillgelegten Anlagen wieder in Betrieb zu nehmen...

Wenn wirtschaftliche Aspekte wirklich so entscheidend sind, stellt sich doch die Frage, ob es nicht sinnvoll wäre, in Bonn einen Ministerposten einzusparen und Herrn Töpfer, samt seinen Aufgaben gleich dem Wirtschaftsministerium zuzuweisen?!“ Barbara Sauer, Elterninitiative Restrisiko e.V. Wiesbaden