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Ethno-HipHop-Mode

■ „Go with the Flow“ präsentiert lässige Streetwear-Modelle

Die Kurzcharakteristik: Baggy with bags. Weit muß es sein, und Taschen braucht das Ding, denn vier Dinge gehören zum absoluten „Must“ des HipHop-Streetwears: Turnschuhe, derzeit ein Condom- Cap, ein lässiger Schritt und Sprühdosen. Einen lässigen Schritt und eine „natürliche Coolness“ sollte man schon drauf und drin haben, beim übrigen HipHop-Styling helfen Anna und Monica auf die Sprünge. Anna Cafetzakis, 24, griechischstämmige Berlinerin, und Monica Maldonado, 25, gebürtige Chilenin, aufgewachsen in Großbritannien und Deutschland, entwerfen Ethno-HipHop-Mode. „Go with the Flow“ nennen sie sich und denken dabei an die „Kraft des Elements Wasser und den Strom der Zeiten, aber auch den Fluß von Inspiration“.

Ihre acht Outfits, die sie im Rahmen von X '94 und „Street '94“ präsentieren, sind Zeichen der sportlichen und ideellen Bewegungsfreiheit und ihres Lebensgefühls, in dem die HipHop-Großstadtkultur im Einklang mit Natur steht. Ihre Kollektion „Down to Earth“ ist weit, fließend, natürlich, bunt, frech und auch manchmal sexy. Sie hat Volumen, Spielraum und einen Traum. Der Traum handelt vom Respekt vor den Kulturen, einer Gemeinschaft und der „positiven Aktion statt Destruktion“. Vorbild dafür ist die „Posse“-Gruppe „To Stay Here Is My Right“, eine Initiative junger Kreuzberger Künstler, die die Kids mit Kunstaktionen und HipHop-Happenings von der Straße holt, um Bandenkämpfe zu verhindern.

„Klar, Berlin ist nicht so hart wie New York oder London“, die Übertragung der Ghettokultur verharmlost das Original, das wissen auch die beiden Lette-Verein- Schülerinnen – doch ist Berlin für sie immerhin so hart, daß es gut tut, eine Kultur zu leben, die zur eigenen wird. Auch hier signalisiert die Kleidung Identität. Doch die Idee von „Go with the Flow“ geht weiter: „Irgendwie international“ müssen die Entwürfe sein. Mode, die deutsch wirke oder höchstens noch „italienischen Chic“ zulasse, widerstrebt ihnen. Ethnoelemente, also bunte Borten aus lateinamerikanischen Stoffen zieren taubenblaue oder cremefarbene Flatterhemden und Riesenhosen.

Das jedoch ist nicht der einzige Unterschied zur gängigen HipHop-Mode. Deren kastenförmige Linie ist nicht nur vorrangig am männlichen Körper orientiert, sie ist hauptsächlich für das männliche Geschlecht gemacht. Videoclips der Rap- und House-Szene demonstrieren männlich definierte Mode für Frauen: Sie treten entweder asexuell, als Kopie im Riesenlook auf oder tragen superkurze Stretchröcke — „aber dann ist die Frau 'ne ,bitch‘. Daß aber auch weite Hosen erotisch sein können, das siehst du da nicht“, so Anna. Die Erotik, die sich in Annas und Monicas Kleidung findet, orientiert sich nicht an männlichen Klischees. Sie kombinieren weite Hosen mit tiefem Schritt zu einem körpernah geschnittenen Top, das den Bauch frei läßt. Zugegeben: Auch das könnte effekthascherisch aufreizend wirken, doch der Baumwollstoff und der gerade Schnitt strahlen eine würdevolle Grazie aus, die anziehend wirkt, ohne zu entblößen. peb

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