■ Standbild: Abgespult
„Elf 99“, Sa., 13.50 Uhr, Vox
Man hätte getrost nebenher staubsaugen können. Eher nachlässig verabschiedete sich am Samstag ein Jugendprogramm, das einst als DDR-Vorwendeküken unter den Fittichen des DFF für Aufmerken sorgte. Gut fünf Jahre und 1.100 Ausgaben lang stand „Elf 99“ für einen frischen Mix aus Reportagen und jugendgemäßer Unterhaltung. Schicke Computeranimationen zu Dancefloor und Techno, Lifeauftritte, Bandreports und brisante Themen von Wandlitz bis hin zu Virtual Reality prägten einst die Sendung, deren Namen sich urspünglich von der Postleitzahl der ehemaligen Adlershofer DFF-Studios ableitete.
Das magazinesk aufgezogene „Elf 99“ eroberte für DDR-Verhältnisse Neuland und fand nicht nur bei Leuten zwischen 13 und 25 offene Augen und Ohren. Nach der Abwicklung des DFF fand „Elf 99“ zuletzt bei Vox Unterschlupf. Einem Versuch des krisengeplagten Privatsenders, „Elf 99“ zweimal täglich ans Publikum zu bringen, war allerdings nur kurze Dauer beschieden. Da trudelte „Elf 99“ bereits, wie nahezu alles Ostvererbte, seiner Auflösung entgegen.
Den Zeichen der neuen Zeit entsprechend hatte man sich bei der Konzeption der letzten Sendung wohl für die marktorientierte Sparvariante entschieden. Von Abschiedsstimmung oder gar Traurigkeit war nicht viel zu spüren, als aller Medien Darling Victoria Hermann und Kollege Steffen einen Countdown moderierten, der ein musikalischer blieb und den einstigen journalistischen Anspruch völlig ausklammerte. „Proudly presented“ hopsten da in finaler Hauptrolle noch einmal all jene über den Bildschirm, die das Programm früher nur zur Hälfte ausgemacht hatten: Grönemeyer, die Ramones, East 17, die Prinzen und Duran Duran. Pure Musikabspulerei, unterbrochen nur von ein paar Werbeparodien und einem verschämten Schnelldurchlauf historischer Bilder, in seiner genügsamen Archivfledderei nicht mal einmalige Konkurrenz zu MTV. Hintergrundgedudel zum Aufräumen halt.
Warum eigentlich wurde kein Wort darüber verloren, woran und warum das „Elf 99“-Konzept in letzter Zeit so krankte, daß es durch eine – hüstel – noch jugendgemäßere Sendung abgelöst werden soll? Dieselbe will am Ostersonnabend bei Vox als flottes „Saturday“ auf Sendung gehen und verspricht „Hits, Spiele, Spannung und noch mehr Spaß“. Falls es Vox dann noch gibt. Anke Westphal
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen