: Und noch ein Bauchpflatscher in den Fettnapf
■ Nach Templin hat wieder ein Grüner der „Jungen Freiheit“ die Ehre erteilt
Wie und wo darf mit Rechten geredet werden? Das Interview von Wolfgang Templin in der rechtsextremen Jungen Freiheit hat nun auch im Berliner Landesverband von Bündnis 90/Grüne eine Debatte ausgelöst. „Wir sind besorgt“, heißt es in einem offenen Brief der Abteilung „Frieden/Internationales“ an den ehemaligen Bundessprecher von Bündnis 90, daß die Partei „durch derartige Äußerungen, die mit ihrem Grundkonsens unvereinbar sind, Schaden erleiden könnte“. Man fordere Templin deshalb auf, „sich von diesen Äußerungen zu distanzieren oder aber die parteipolitischen Konsequenzen zu ziehen“.
Bereits unmittelbar nach dem Interview Templins, in dem vor allem das Defizit der Linken im Zusammenhang mit der „nationalen Frage“ beklagt wird, hatte es aus dem Bundesvorstand der Partei Rücktrittsforderungen gegeben. Ein derartiger Antrag, hieß es aus Bonn, könne nur vom Berliner Landesverband, bei dem Templin Mitglied ist, gestellt werden. Der Geschäftsführende Ausschuß der Berliner Grünen hatte sich daraufhin gegen einen Parteiausschluß Templins ausgesprochen. Für die Abteilung „Frieden/Internationales“ sagte gestern Bernd Lupfer, man wolle mit dem offenen Brief die parteiinterne Diskussion vorantreiben. Lupfer kündigte an, das Thema auf der nächsten Sitzung des Delegiertenrats zur Sprache zu bringen.
Mit der Forderung nach „parteipolitischen Konsequenzen“ steht die Abteilung bisher allerdings alleine da. Für die grüne Landtagsfraktion erklärte gestern Wolfgang Wieland, die Ablehnung, „eine Zeitung, die bekämpft werden muß, mit einem solchen Interview aufzuwerten“, sei genauso einhellig wie die Ablehnung eines Parteiausschlusses. Das gelte auch nach der „Ehrenerklärung“ Templins für den als rechtslastig kritisierten Welt-Redakteur Rainer Zitelmann. Damit die Diskussion nicht nur parteiintern geführt werde, kündigte der grüne Landesgeschäftsführer Norbert Schellberg gestern eine öffentliche Diskussionsveranstaltung an.
Unterdessen wurde bekannt, daß der ehemalige „Schatzmeister“ der Alternativen Liste, Volker Schröder, in Templins Fußstapfen getreten ist. In einem Interview mit der Jungen Freiheit tritt er dafür ein, „national-sinnstiftend“ zu „wirken“. Das zweite Interview eines Berliner Grünen mit der neurechten Wochengazette wurde gestern ebenfalls kritisiert. „Als Bauchpflatscher in den Fettnapf“ bezeichnete der Sprecher der Landtagsfraktion, Stefan Noä, Schröders Vorgehen. Schröder sei schon immer als Querkopf aufgefallen und habe in der Vergangenheit die Bundeswehr als „stabilisierenden Faktor“ befürwortet. Fraktionsvorständler Wieland meinte, das Interview überrasche ihn nicht. Mit Schröder sei allerdings das Potential der ehemaligen ALer, die für ein solches Vorgehen in Frage kämen, ausgeschöpft. Uwe Rada
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