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Beizen mit Rote Bete

■ Tischlerazubis experimentierten mit Naturstoffen

Man nehme: ein Glas Rote Bete-Saft oder einige Zwiebeln, Paprika, ein wenig indisches Gewürz, Quark oder Leinsamenöl und verstreiche es gleichmäßig. Heraus kommt keine kulinarische Köstlichkeit. Stattdessen erhalten Tische, Stühle und Bänke eine neue Farbe und eine glatte Oberfläche. Diese Alternativen für die Bearbeitung von Holz stellt eine Tischlerklasse der Berufsbildenden Schule Hannover den Gefahren für Gesundheit und Umwelt an ihrem künftigen Arbeitsplatz entgegen.

In ihrem Schulprojekt „Tischlerwerk...statt Gefahrstoffe“ untersuchten die Auszubildenden die Belastung der Handwerker durch Holzstaub und Lösungsmitteldämpfe von Farben oder Beizen. Seine 26 Schützlinge hätten sich in monatelanger Arbeit zu „wahren Experten dieses Fachbereiches“ entwickelt, erzählt Lehrer Hans Gerhard Conradi. Sie besuchten Betriebe und Umweltinstitute, diskutierten mit Fachleuten und überprüften die neu gewonnenen Erkenntnisse durch Messungen und Versuche. Ihre Ergebnissen präsentierten die Azubis Ministerien, der Innung, Umweltinstituten und Betrieben im Umland.

Bei den Meistern der Tischlerinnung hätten sie viel Wirbel verursacht, meint der Lehrlingswart bei der Innung, Walter Behrens. Viele Betriebe befürchteten nun zusätzliche Auflagen und gesetzliche Umstellungen auf gesundheits- und umweltfreundlichere Mittel. Und die Lehrlinge berichten, daß sie trotz gesetzlicher Schutzbestimmungen belächelt würden, wenn sie Atemschutz und Handschuhe in ihren Betrieben forderten.

Nach Meinung eines Handwerksmeisters zwingen vor allem die gesetzlichen Garantiebedingungen und die wachsenden Ansprüche der Kunden ihn, giftige Mittel zu verwenden. „Wenn wir alle Vorschriften erfüllen würden, also Ellenbogen- und Knieschützer sowie Atem- und Geräuschschutz tragen würden, dann bräuchten wir nur noch die gelbe Binde mit den schwarzen Punkten“, sagt er.

Mit einem anschaulichen Versuch bestätigen die Azubis die Gefährlichkeit der Lösungsmittel. In saftigem Grün blühen die Kressesamen im angefeuchteten Wattebausch über den Dämpfen eines natürlichen Lackes. Das Saatgut in den danebenstehenden Marmeladengläsern dagegen ist nicht aufgegangen: die Wattebäusche hängen in den Lack-Dämpfen von gesundheitsschädlichen Lösungsmitteln. Nach Expertenmeinung erkranken noch immer überdurchschnittlich viele Tischler an Nasentumoren. Eine Vielzahl leidet an Allergien, Schleimhautverätzungen und Gehirnschäden.

Clemens Finzer (dpa)

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