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Hubschrauber gegen Fahrräder

■ Kurdistan-Solidarität: Blockade der Autobahn A7 in Niedersachsen von Polizei unterbunden / Trotzdem Stau wegen Schaulust / Mehrere DemonstrantInnen wurden bei Knüppeleinsatz leicht verletzt

Göttingen (taz) – „Die Ausfahrt Göttingen ist wegen des hohen Verkehrsaufkommens gesperrt“, ließ die Polizei am Nachmittag via Verkehrsfunk verbreiten. Zwar rollten die Autos auf der Autobahn A 7 am Donnerstag tatsächlich dicht an dicht, der Grund für die Absperrung des Zubringers war jedoch ein anderer: Mehrere Stunden lang versuchten rund 300 DemonstrantInnen, die Fahrbahn zu blockieren – aus Solidarität mit Kurdistan und aus Protest gegen geplante Massenabschiebungen.

Mit einem Großaufgebot, Geschick und Gewalt konnte die Polizei allerdings verhindern, daß die überwiegend jüngeren Leute mit ihren Fahrrädern die A 7 erreichten. Der Verkehr staute sich später trotzdem auf zehn Kilometern, weil sich schaulustige AutofahrerInnen das Spektakel nicht entgehen lassen wollten.

Das Göttinger „Solidaritätsbündnis für Kurdistan“ hatte die geplante Autobahnblockade auf Plakaten und Flugblättern breit angekündigt. Es wandte sich scharf gegen die offizielle Doppelmoral in Sachen Autobahnblockaden: Während solche Aktionen der KurdInnen in den vergangenen Wochen vom Kanzler als „neue Dimension des Terrors“ bezeichnet worden seien, könnten straßenblockierende Landwirte oder Brummi-Fahrer stets mit allgemeinem Verständnis und sogar mit Ministerbesuchen rechnen.

Die Stadt Göttingen, angeblich in Sorge um das Wohl von Demo- wie VerkehrsteilnehmerInnen, hatte ein Betreten der Autobahn untersagt. Und die Polizei hatte bereits im Vorfeld angekündigt, jedweden Blockadeversuch zu vereiteln. Dennoch war der Fahrradkonvoi gegen 16 Uhr vom Göttinger Marktplatz gestartet.

An der Autobahn entwickelte sich dann ein Katz-und-Maus- Spiel: Insgesamt dreimal versuchten die DemonstrantInnen, auf Zufahrtsstraßen oder Feldwegen zur Autobahn vorzudringen. Dreimal waren die von einem Hubschrauber dirigierten Beamten schneller und fingen die Protestierenden ab. Beim letzten Vorstoß gelang dies nur knapp: Nach einer Wettfahrt über ein an die A 7 angrenzendes Feld setzten die Polizisten aus ihrem fahrenden Mannschaftsbus heraus Schlagstöcke gegen die Radler ein, mehrere wurden leicht verletzt. Die Polizei nahm drei DemonstrantInnen fest, die am späten Abend freikamen.

Eine weitere Aktion kündigte eine „Mitbürger-Initiative Aufschrei“ für den späten Freitag abend an. Nicht weniger als 13 Hunde wollte die Gruppe vor dem Rathaus verbrennen. Gegen den ernsthaften Aprilscherz schlugen Göttinger Tierfreunde Alarm. Sie forderten die Bevölkerung auf, „dieses Massaker zu verhindern“. Reimar Paul

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