: AOK gibt Reform-Dividende weiter
■ Überschüsse wegen Gesundheitsreform: AOK senkt 1995 die Beiträge / Die anderen Krankenkassen warten noch ab
Bonn (AFP/taz) – Wenn kranke Kassen zu sehr klingeln ... dann werden die Beiträge gesenkt: Die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) versprachen gestern ihren rund 22,6 Millionen Mitgliedern Nachlässe für das nächste Jahr. Gedacht ist an 0,5 Prozentpunkte des Beitragssatzes. Im Osten liegt der Satz derzeit bei durchschnittlich 13,4 Prozent, im Westen bei 13,7 Prozent. Die von Politikern am Wochenende erhobene Forderung nach einer sofortigen Beitragssenkung lehnt die AOK aber ebenso wie die anderen Kassen ab. Der Präsident der Bundesärztekammer, Karsten Vilmar, warnte ebenfalls vor voreiligen Beitragssenkungen. 1993 hatten die Krankenkassen nach jahrelangen Defiziten einen Überschuß von 10,2 Milliarden Mark erwirtschaftet. Die AOK teilte mit, daß eine Senkung in diesem Jahr zu „verfrüht“ käme. Man habe zwar 1993 in Westdeutschland einen Überschuß von 2,7 Milliarden Mark erwirtschaftet, doch bestehe aus 1992 noch ein Defizit von mehr als vier Milliarden Mark.
Auch der Verband der Angestellten-Krankenkassen bezeichnete eine Ermäßigung im kommenden Jahr als „möglich“. Eine Größenordnung könne aber noch nicht genannt werden. Da die Angestellten-Kassen rund 2,2 Milliarden Mark für den Risikostrukturausgleich an die AOK überweisen müßten, sei eine Ermäßigung jedoch schwieriger als für die AOK. Deshalb müsse abgewartet werden, wieviel an Überschüssen in diesem Jahr erwirtschaftet werde. Dagegen betonten die Betriebskrankenkassen (BKK), es gebe keinen Spielraum für eine Beitragssenkung. Die Innungskrankenkassen verwiesen darauf, daß ihre Beiträge bereits in diesem Jahr gefallen seien. Kleine Überschüsse dienten als „Pölsterchen“.
Mit den im Rahmen der Gesundheitsreform 1992 vereinbarten Ausgleichszahlungen zwischen den verschiedenen Versicherungen sollen Nachteile für die Kassen mit sozial schwächeren Versicherten aufgefangen werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen