Nach dem Crash der Boom

Am Montag noch Crash-Stimmung, am Dienstag dann die höchsten Aktienkurssteigerungen seit zwei Jahren – die New Yorker Börse spielt anscheinend verrückt. Seit dem 24. März hatte der Dow-Jones-Index fast zehn Prozent seines Wertes verloren; vorgestern legte er um 2,3 Prozent zu. Das war der achtgrößte je an einem Tag verzeichnete Sprung nach oben.

Verkehrte Welt: Der österliche Kurssturz war durch zu günstige Wirtschaftsdaten ausgelöst worden. Börsianer befürchteten eine Überhitzung der Konjunktur und somit steigende Inflation. Jetzt freuten sich die Anleger über schlechte Nachrichten. Ein vom Handelsministerium veröffentlichter Index wirtschaftlicher Indikatoren fiel schwächer aus, als man erwartet hatte. Da gingen viele Spekulanten in sich und fragten sich, ob sie nicht überreagiert hatten. Durch die Kursstürze waren viele Werte billig zu erwerben – und schon kehrte sich der Trend um.

Aber Börsenanalysten warnten gleich, daß der Boom keinesfalls der Beginn einer neuen Hausse sei. Zinserhöhungen, die Aktien unattraktiver werden lassen, seien nach wie vor wahrscheinlich. Investoren seien überdies verunsichert; bei den geringsten schlechten Nachrichten würden sie ihr Geld aus dem Aktienmarkt zurückzuziehen und die Kurse wieder bröckeln lassen.

Die deutsche Börse hatte den Mini-Crash nicht mitgemacht. Von einer Erhitzung der Konjunktur ist man hier schließlich noch weit entfernt. Erst gestern hat die Bundesbank wieder Zinssenkungssignale ausgesendet, indem sie ihren dritten Leitzins ganz leicht zurücknahm. Doch allzu sehr können die Zins-Trends in den USA und der BRD nicht auseinanderdriften, denn wenn in den USA höhere Zinsen locken, kommt es zu einem Abzug von Kapital aus Deutschland. Ruhe wird so bald nicht einkehren auf den Finanzmärkten. lieb

Foto: Detlev Konnerth/Lichtblick