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Unfall in US-Atomwaffenfabrik

■ In Idaho Falls wurden mindestens 19 Arbeiter verstrahlt / Als militärische Atomanlage schon 1949 gegründet

Berlin (taz) – Bei einem Unfall in der militärischen Atomfabrik von Idaho Falls (US-Bundesstaat Idaho) sind am Montag mindestens 19 Arbeiter verstrahlt worden. Der Sprecher der Fabrik, John Walsh, sagte gestern, die höchste gemessene Dosis habe allerdings nur zwei Millirem betragen. 25 Arbeiter seien bislang untersucht worden.

34 Arbeiter, die sich zur Zeit des Unfalls ebenfalls in der Nähe des Forschungsreaktors aufhielten, müssen nach einer neuen Anordnung des US-Energieministeriums noch untersucht werden.

Walsh erklärte, die Strahlung sei offenbar freigeworden, als Arbeiter bei einer Reparatur einen unter Wasser gelegenen Kontrollstab abschneiden wollten. Der Forschungsreaktor war wegen Wartungsarbeiten, bei denen zentrale Elemente der Anlage ausgetauscht werden sollten, für mehrere Wochen abgeschaltet worden.

In Idaho Falls werden unter anderem Materialien der Marine auf Verschleißerscheinungen getestet. Wie die Friedensforscherin Annette Schaper vom der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung gestern sagte, ist es gängige Praxis „Militärtechnik darauf zu testen, wie sie auf radioaktive Strahlung reagiert“.

In der Atomfabrik wurde in den vergangenen Jahrzehnten vor allem hochangereichertes Uran aus abgebrannten U-Boot-Brennlementen gewonnen. Dabei fielen immer auch größere Mengen Plutonium an. Allerdings habe die US-Regierung die Herstellung von neuem Waffenplutonium vorläufig eingestellt, so Schaper.

Die Atomfabrik ist schon 1949 gegründet worden. Von 1952 bis 1970 wurde dort plutoniumhaltiger Abfall einfach vergraben, und der verseucht heute das Wasser der Region. 1953 wurde die erste Wiederaufarbeitungsanlage auf dem Gelände in Betrieb genommen. Die Anlage soll nach US-Berichten insgesamt 12 Millionen Curie an Radioaktivität in die Umwelt entlassen haben.

Beim bisher schwersten Unfall explodierte 1961 einer der Forschungsreaktoren und tötete drei Atomarbeiter. Einer der Arbeiter wurde von einem Kontrollstab förmlich an die Decke gespießt. Zwei Jahre zuvor waren durch einen Schornstein 300.000 Curie radioaktives Material entwichen. Hermann-Josef Tenhagen

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