: April, April -betr.: "Klein Amsterdam in Hamburg", taz vom 31.3./1.4.94
Betr.: „Klein Amsterdam in Hamburg“, 31.3/1.4. 94
Toll, daß Frauensenatorin Weiss eines der ausrangierten Kriegsschiffe als Wohnpark für Alleinerziehende ausbauen will. InsiderInnen wissen jedoch, daß es seit einiger Zeit weit darüber hinausgehende Pläne in den Schubladen der Frauenbehörde gibt: so soll das Wohnschiff z.B. durch ein Versorgungsschiff mit Männern, Hauswirtschaftsgeräten und anderen Gegenständen des täglichen oder gelegentlichen Bedarfs ergänzt werden.
Aber das ist noch längst nicht alles. Der Umzug des Senatsamtes für die Gleichstellung auf einen der Zerstörer ist längst beschlossene Sache und steht unmittelbar bevor. Derzeit wird die Kommandobrücke der Frauensenatorin umgestaltet (hier ist - eine Leihgabe der Luftwaffe - der Einbau eines Schleudersitzes vorgesehen). Den Platz auf dem Ausguck nimmt die Amtsleiterin ein, sobald ihr der Personalarzt Wetterfestigkeit in schwankenden Positionen attestiert hat. Für die weiteren Mitarbeiterinnen sind Diensträume unter Deck vorgesehen; Beschwerden über die subalterne Unterbringung erwartet man nicht, weil die Kolleginnen seit Jahren darin geübt sind, auf Tauchstation zu gehen.
Trotz der auf weibliche Bedürfnisse abzielenden Umbauten (so sind z.B. Tratsch- und Klatschecken, ein Strick- und Schminkzimmer sowie eine Entfärbeanlage für lila Latzhosen vorgesehen), wird auf das Entfernen der Rumpfpanzerung bewußt verzichtet. Damit reagiert der Senat auf Prognosen, wonach in Zukunft verstärkt mit gegnerischen Angriffen auf das Frauenamt zu rechnen ist - möglicherweise auch durch marodierende U-Boote aus den eigenen Reihen. Ebensowenig ist an einen Abbau der Bordgeschütze gedacht - allerdings kommt ausschließlich Übungsmunition zum Einsatz, wenn auch mit detonationsverstärktem Knalleffekt.
Ein fester Liegeplatz ist nicht vorgesehen. Das Schiff soll flexibel an allen frauenpolitischen Brennpunkten einsetzbar sein. Erste Anlegestelle ist der Kanal zwischen Steigenberger Hotel und Stadthausbrücke in unmittelbarer Nähe zur Bau- und Verkehrsbehörde. Hier können leichte Schüsse vor den Bug die Überlegungen des Senators zur Einrichtung eines Frauenverkehrsbeirats positiv stimulieren. Denkbare weitere Liegeplätze für stimulierende Aktionen der geschilderten Art böten sich beispielsweise in Rathausnähe oder bei der Finanzbehörde an.
Die nicht unerhebliche Gefahr, daß die inzwischen doch sehr betagte Fregatte beim Manövrieren in den engen Fleeten auf Kollisionskurs gerät, wird von verantwortlicher Seite zwar durchaus gesehen, aber als zu vernachlässigendes Restrisiko der feministischen Bewegung billigend in Kauf genommen.
Abschließend muß ein besonderer Dank dem Bürgermeister der Hansestadt, Dr. Henning Voscherau, gelten. Seine Zusage, dem Frauenschiff als Galionsfigur zur Verfügung zu stehen, lag bereits zu Beginn der Planungen vor und wurde begeistert angenommen. Mit solidarischen Grüßen
Inge Kovarik
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