In Ruanda droht jetzt die Entscheidungsschlacht

■ Tausende Tote in der Hauptstadt Kigali

Berlin (taz) – Mit der Entsendung französischer Truppen nach Ruanda hat sich in dem ostafrikanischen Land eine weitere Kriegsfront aufgetan. Nachdem am Samstag im Morgengrauen über 400 französische Soldaten auf dem von der ruandischen Präsidialgarde gehaltenen Flughafen Kigalis landeten, beschleunigte die Guerilla-Bewegung „Patriotische Front Ruandas“ (RPF) ihren Vormarsch auf die ruandische Hauptstadt und warnte die Franzosen, sich nicht „in den Weg“ zu stellen. Die RPF kämpft gegen das Regime von Präsident Juvénal Habyarimana, der am Mittwoch beim mutmaßlichen Abschuß seines Flugzeugs zusammen mit seinem burundischen Amtskollegen ums Leben kam. Sie steht inzwischen 16 Kilometer vor Kigali, wo sie „die Ordnung wiederherstellen“ will. Eine vom UNO-Beauftragten Jacques-Roger Booh-Booh verkündete neue Interimsregierung unter Parlamentspräsident Théodore Sindikubwabo bezeichnete die Guerilla als „Clique von militanten Hutus“. Gestern erklärte der Kommandant der belgischen UNO- Truppen in Ruanda, Oberst Luc Marchal, Regierung und Guerilla hätten sich vorläufig auf einen Waffenstillstand geeinigt. Zuvor hatte die RPF gedroht, sie könne Kigali „innerhalb von Stunden“ einnehmen.

Um ihre Landsleute zu evakuieren, haben neben Frankreich auch Belgien, die USA und Italien Soldaten nach Ostafrika geschickt. 400 Belgier landeten in einem nicht identifizierten Nachbarland Ruandas; 300 US-Marines wurden von Kriegsschiffen bei Somalia nach Burundi geschickt, 80 Italiener landeten in Kenia. Hunderte von Ausländern, darunter auch Deutsche, flohen auf eigene Faust aus Ruanda in den südlichen Nachbarstaat Burundi, mehrere Dutzend Franzosen wurden per Flugzeug evakuiert.

Die Geflohenen berichteten von Massenmorden durch Uniformierte in den Straßen Kigalis. Das Internationale Rote Kreuz spricht mittlerweile von zehntausend Toten. Auch gestern ging das Schlachten in den Armenvierteln Kigalis weiter. Tagesthema Seite 3