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„Wenig Befürchtungen“

■ Interview mit Prof. Dr. Svante Pääbo, Molekular-genetiker am Zoologi-schen Institut der Univer-sität München und Mit-glied im Europäischen Komitee des HGDP

Ist es nicht geradezu zynisch, das Erbgut derjenigen Völker zum Forschungsziel zu nehmen, die um ihr Überleben kämpfen - so interessant dies wissenschaftlich auch sein mag?

Svante Pääbo: Beim HGDP geht es nicht nur um indigene Völker, sondern um alle Menschen. Grundsätzlich ist die Teilnahme der freien Entscheidung jedes Individuums überlassen. Auf jeden Fall sollen nur diejenigen Populationen untersucht werden, bei denen die Forschungen möglich und vertretbar sind.

Im herrschenden politischen Diskurs wird ständig von der "Angst vor Überfremdung" gesprochen und unsere "nationale Identität" betont. Ist da nicht zu befürchten, daß derartige Forschungen zu einer vermeintlich wissenschaftlich fundierten Rechtfertigung rassistischer Haltungen mißbraucht werden, indem z. B. soziale und kulturelle Unterschiede auf genetische Ursachen zurückgeführt werden?

Eine gutfundierte molekulare Forschung liefert Argumente gegen Rassismus. Die meiner Meinung nach wichtigste Einsicht der modernen Genetik ist die, daß alle Bevölkerungsgruppen sehr eng miteinander verwandt sind und daß die Variationen innerhalb einer sog. ethnischen Großgruppe viel größer sind als zwischen verschiedenen Gruppen. Die Untersuchung eines Stück DNA kann z. B. zeigen, daß ich in diesem Bereich meines Genoms enger mit einem Afrikaner verwandt bin als mit meinem europäischen Nachbarn. Natürlich kann alles Wissen mißbraucht werden, auch für rassistische Argumentationen. Wenn aber alle Daten allen Forschern zugänglich gemacht werden, werden Mißbrauch oder Fehlinterpretationen schnell entlarvt. Gerade wir als Wissenschaftler müssen mit unserer Forschung gegen solche Aussagen auftreten.

Wenn Erbinformationen über Minderheiten vorliegen, z. B. über Allergien oder Infektionsanfälligkeiten, besteht die Möglichkeit, gezielt biologische Waffen gegen sie zu entwickeln....

Ich habe diesbezüglich sehr wenig Befürchtungen. Es gibt kein spezifisches genetisches Merkmal für eine bestimmte Gruppe. Natürlich kann man nicht allen Mißbrauch ausschließen, aber wir sollten auch nicht naiv sein: Jede Regierung, die so etwas vorhat, kann ein eigenes Projekt durchführen, denn Molekularbiologie ist nicht sehr teuer.

Interview: Karin Guggeis

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