„Ohne Eigenkapital wird es schwierig“

■ Schneider-Pleite bleibt nicht die letzte, vermutet Makler-Chef Wolfgang Gruhn

taz: Im Fall Schneider wurden die Mieten zu hoch kalkuliert, und die Banken haben mitgezogen. Ist ein ähnlicher Zusammenbruch auch in Berlin zu erwarten?

Wolfgang Gruhn (Landesvorsitzender des Rings Deutscher Makler): Bisher ist hier nichts derartiges bekannt. Es kommt natürlich immer darauf an, wie man kalkuliert. Außerdem sollte bei jedem Projekt ein entsprechend hoher Eigenkapitalanteil angesetzt werden. Wer knapp kalkuliert, sollte mindestens ein Viertel, besser noch ein Drittel Eigenkapital mitbringen. Man muß heute eben auch damit rechnen, daß eine Rezessionsphase kommen kann. Und da muß man mit Eigenmitteln entsprechend ausgestattet sein.

Kalkulieren die Investoren in Berlin mit ähnlich hohen Büromieten wie Schneider?

Die haben natürlich auch zum Teil höher kalkuliert, als heute am Markt durchsetzbar ist. Wir liegen heute in den besten Büroflächenlagen bei 35 bis maximal 40 Mark pro Quadratmeter, wobei 40 Mark schon kaum mehr zu erzielen sind. Und wenn ich darüber kalkuliert habe, also mit 50, 60 Mark oder noch mehr, dann lieg' ich falsch. Das ist nicht durchsetzbar.

Das heißt?

Sie bekommen nicht die kalkulierte Rendite. Wenn ich dann auch noch zuviel Fremdkapital habe, dann kann ich dieses Fremdkapital mit Zinsen und Tilgung nicht bedienen. Das bedeutet, daß so eine Gesellschaft in Schwierigkeiten kommen kann.

Hat es hier noch nicht gekracht, weil viele Projekte bisher erst im Bau sind und erst in ein oder zwei Jahren die harten Realitäten des Marktes durchschlagen?

Passieren kann so was. Das will ich nicht ausschließen. Aber keiner weiß, was in zwei Jahren ist. Auch die jetzige Situation kann sich in zwei Jahren gewaltig verändern.

In Berlin werden Bürohäuser zumeist über Immobilienfonds realisiert. Ist eine solche Finanzierung problematisch?

Wenn sie mit Fonds finanzieren, liegt auch für die Anleger natürlich eine gewisse Renditeerwartung zugrunde. Wenn dann zu oberflächlich kalkuliert wird, dann können Probleme auftauchen. Wichtig ist auch hier: Ein entsprechendes Maß an Eigenmitteln kann unerwartete Risiken auffangen.

Das heißt, es gibt eine Schere zwischen hohen Grundstückspreisen und sinkender Mieterwartung. Würden sie einem Anleger raten, zur Zeit in Berlin zu investieren?

Die Grundstückspreise sind hoch, aber nicht – wie noch vor drei Jahren – überhöht. Das heißt, wir haben Preise, mit denen man rechnen kann. Man muß natürlich davon ausgehen, daß man die Mieten, die man eigentlich kalkulieren müßte, zur Zeit nicht bekommt. Man wird also eher auf Staffelmietvereinbarungen setzen müssen. Dann kommen sie auch zu einem guten Ergebnis. Man kann aber nicht davon ausgehen, daß die heutigen Baukosten durch die Renditeerwartungen abgedeckt werden. Interview: Uwe Rada