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Götterdämmerung

■ Hunke neuer Chef der Kammerspiele

Gestern abend stellte sich der neue Chef den Mitarbeitern der Kammerspiele vor: Jürgen Hunke, Boß der Finanzdienstleistungsfirma Zeus und Ex-HSV-Präsident, wird in Kürze das Ruder des schlingernden Theaterschiffs in die Hand nehmen. Wie Hunke gestern der taz bestätigte, wird er gemeinsam mit den bisherigen Gesellschaftern Iris von Arnim und Dirk Schmidt-Prange sowie einem weiteren stillen Gesellschafter eine „Kammerspiele-Besitz“-GmbH gründen. Jeder der Gesellschafter wird 250.000 Mark einzahlen. Kammerspiel-Intendant Stephan Barbarino ist an dieser neuen GmbH nicht mehr beteiligt.

Die neue Besitz-Gesellschaft wird den Mietvertrag des Hauses übernehmen und den bisherigen Gastronom auslösen. Barbarinos Theater-GmbH soll ein Sub-Unternehmen der Besitz-GmbH werden. Hunke selbst wird für zwei Jahre „für eine Mark im Jahr“ die Geschäftsführung übernehmen, Barbarino durch diese Konstruktion faktisch degradiert zum künstlerischen Leiter von Hunkes Gnaden.

Denn nicht nur ökonomisch, auch konzeptuell hat Hunke konkrete Vorstellungen: „Um im großen Saal endlich eine Platzausnutzung von 50 bis 60 Prozent zu erreichen, muß man ungefähr drei experimentelle und sieben kommerzielle Stücke machen.“ Dennoch sollen die Kammerspiele kein Musical-Theater werden. „Unsere Konkurrenz sind Schauspielhaus und Thalia“, meint der selbstbewußte neue Leitwolf. Im Logensaal möchte Statt-Mitglied Hunke unter dem Namen „Kammerbude“ ein politisches Kabarett - „gern auch jüdisches Kabarett“ - einrichten.

Durch diese ökonomische Entmachtung werden an den Kammerspielen wohl die Weichen für die Post-Barbarinische Zeit gelegt. Denn die Zeichen verdichten sich, daß auch die bisherigen Gesellschafter sich von dem glücklosen Intendaten abwenden. Hunke drückt dies sibyllinisch aus: „Es geht uns nicht um eine Intendanz, sondern um eine Institution.“ tlb

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