: Zahnschmerzen beim Budget
■ Kassen und Zahnärzte im Clinch mit Arbeitsbehörde über Ärzteeinkommen
Eine neue Front hat sich in Bremen aufgetan: ZahnärztInnen und Ersatzkrankenkassen auf der einen Seite, und die senatorische Aufsichtsbehörde auf der anderen. Der Streit geht darum, wieviel mehr die KieferklempnerInnen verdienen dürfen. Gegen eine Abmachung zwischen Kasse und ÄrztInnen hat die Arbeitsbehörde ihr Veto eingelegt, weil damit nicht genügend gespart wird, wie nach dem Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) geboten ist.
Zur Debatte steht der erste Vertrag der nach der Regelung des GSG zwischen den Ersatzkassenverbänden VdAK und AEV und der Kassenzahnärztlichen Vereinigung zustandegekommen ist. Diese Art Verträge zwischen den Kassen und den ZahnärztInnen sind Sache der einzelnen Bundesländer. Die zuständige Aufsichtsbehörde für das Land Bremen ist der Senator für Arbeit und Frauen, und dieser beanstandet den Vertrag mit Hinweis auf das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG), das eine Budgetierung des zahnärztlichen Einkommens vorsieht. „Das Gesundheitsstrukturgesetz besagt, daß im Gesundheitswesen gespart werden muß. Und wir wollen erreichen, daß die Zahnärzte nicht mehr die Zuwächse haben wie früher“, sagt Jörg Henschen, Pressesprecher der senatorischen Behörde. Durchschnittliches Jahreseinkommen von ZahnärztInnen: 210.000 - 220.000 Mark brutto.
Im GSG ist eine Steigerungsrate für die Vergütung der ZahnärztInnen um 8,4 Prozent festgeschreiben. In dem jetzt von der Arbeitsbehörde beanstandeten Vertrag haben die Zahnärzte und Ersatzkassen festgelegt, die Steigerungsrate nicht auf die Beitragseinnahmen der Kassen festzulegen, sondern pro Kopf der Versicherten. Je mehr Mitglieder die Kassen haben, desto mehr soll das Einkommen der ZahnärztInnen steigen. Denn nach der Regelung, wie die Behörde sie interpretiert, ist bei 8,4 Prozent Mehreinnahmen Schluß – und die PatientInnen müssen trotzdem behandelt werden. Nach Ausschöpfung der 8,4 Prozent Einkommenssteigerung arbeiten die ZahnärztInnen also „umsonst“. Das kann nicht sein, meinen ZahnärztInnen und Kassen, denn „Leistungen kann man nur gewährleisten, wenn eine entsprechende Vergütung da ist“, sagt Andrea Kaula von Bremer Verband der Angestellten-Krankenkassen (VdAK) und Arbeiter-Ersatzkassenverband. (AEV).
Für sie ist das Verhältnis PatientIn - ZahnärztIn aber nicht gestört: Weiterhin sind die ZahnärztInnen verpflichtet, generell alle PatientInnen, zu behandeln. Kaula findet die Entscheidung der Arbeitsbehörde „relativ unverständlich“. „Denn die Aufsichtsbehörde tut so, als ob wir den Zahnärzten zuviel bezahlen.“ Die ZahnärztInnen wiederum meinen, daß mehr Mitglieder eben mehr Beitrag zahlen, und mehr Leistung in Anspruch nehmen würden und deshalb auch mehr Geld an die ZahnärztInnen gehen müßte.
Für die ÄrztInnen ist Bremen mit seinem Veto auf dem falschen Weg. In anderen Bundesländern existieren bereits ähnliche Verträge zwischen den Ersatzkassen und den ZahnärztInnen. „Die Auffassung ist von den Behörden anderer Bundesländer genehmigt worden“, sagt Andreas Scholz von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung im Lande Bremen. Außerdem würde das Bundesgesundheitsministerium die gemachte Vereinbarung ebenfalls akzeptieren. Für Bremen müssen jetzt allerdings neue Verträge ausgehandelt werden.
Vivianne Agena
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