piwik no script img

Alleskönner versagt

■ Witali Scherbo, der einstige Dominator, brach bei der WM ein

Wir hatten gedacht, wir müßten uns um ihn keine Sorgen psychosozialer Art machen: Witali Scherbo, der „Alleskönner“ (Sport Zürich), war bis dato einfach nur gut. Mit seinen 22 Lenzen hat der Weißrusse bereits je sechs goldene Olympia- und WM-Medaillen nach Minsk gescheffelt. Doch bei der Einzelweltmeisterschaft in Brisbane ist der sonst so unbekümmert Beständige in ein tiefes Loch gefallen.

Nicht Goldgräber Scherbo wurde in Australien zum neuen Champion im Kürsechskampf gekürt. Sondern Iwan Iwankow, drei Jahre jünger, auch aus Minsk, und Alexander Woropajew (Mannschafts-Olympiasieger aus Rußland) verwiesen den omnipotenten Favoriten Scherbo auf Platz drei. Witali macht uns Sorgen. So schlecht war er noch nie. 1992 bei den Olympischen Spielen in Barcelona gab er sich erst zufrieden, als er sechs der acht Goldmedailen um den Hals baumeln hatte. Ein Jahr später bei der WM in Birmingham ließ er sich dreimal Gold und einmal Silber umhängen. Experten tüftelten nach einem Anti- Dominator-Gesetz und meinten, es gefunden zu haben. Sie frohlockten, mit der Einführung der neuen Taxationsregeln sei es unmöglich, daß künftig ein Kunstturner derart dominant auftreten könnte, wie Scherbo es frecherweise tat.

Doch der Gerätekünstler Scherbo ließ sich nicht beirren. Er trainierte, packt eine Schwierigkeit an die andere, fragt bei internationalen Wettkämpfen erfahrene Kampfrichter um Rat. So hat er in Brisbane beim Training, ohne auf seine peinigenden Schulterschmerzen zu achten, an einem Element geprobt. Und wenn der Fachmann behauptete, „nur ein C-Teil“, hat er kurzerhand eine Kreiswende draufgepackt. – Und jetzt dies. Bronze! Wir sind ratlos.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen