: Zwangsabstieg für Olympique Marseille
Marseille (taz) – Olympique Marseille, die letzten fünf Jahre französischer Fußballmeister, spielt in der kommenden Saison nur noch in der zweiten Liga und verliert seinen Präsidenten Bernard Tapie. Das harte Urteil des „Conseil Fédéral“, der höchsten Instanz des französischen Fußballverbandes, hat die Kickerwelt unseres Nachbarlandes tief geschockt. Bernard Tapie hat trotzdem seinen Optimismus nicht verloren: „Man versucht, den Club mit allen Mitteln fertigzumachen. Aber OM war drei Jahre lang Nummer eins in Europa und wird es wieder werden“, versicherte der zum Politiker gewandelte Ex-Unternehmer am Samstag abend als Stargast in der Hauptnachrichtensendung von „France 2“.
Die knüppelharten Sanktionen gegen den Verein Rudi Völlers, der vor knapp einem Jahr, wenige Tage vor dem Gewinn des Europapokals der Landesmeister gegen den AC Mailand, das Meisterschaftsspiel gegen Valenciennes (VA) gekauft haben soll, waren am Freitag schon abzusehen. Mitten in die Anhörungen der beteiligten Spieler und Funktionäre vor dem Verbandsgericht platzte die Nachricht, daß das für Samstag angesetzte Pokalviertelfinale gegen Montpellier abgesagt und „aus Sicherheitsgründen“ auf einen „unbestimmten Zeitpunkt“ verlegt werde. Das Urteil wurde dann am späten Abend verkündet.
Trotz des Zwangsabstiegs wird OM nächstes Jahr im Europapokal spielen. Der UEFA-Cup-Platz ist so gut wie sicher, und Bernard Tapie, der nach dem Urteil keine offizielle Funktion mehr im französischen Fußball bekleiden darf, setzt jetzt alles auf den Liga-Pokal: „Das Kesseltreiben hat die Mannschaft und die Fans in Marseille zusammengeschweißt. Wir holen jetzt den Cup.“
Mit dem Urteil vom Wochenende ist die „Affäre VA-OM“ aber noch lange nicht ausgestanden. Die zivile Justiz hat ihre Ermittlungen wegen Bestechungsverdacht immer noch nicht abgeschlossen, und Jean-Pierre Bernés, der ehemalige OM-Geschäftsführer, vom Verband jetzt auf Lebenszeit gesperrt, will nun auspacken: „Verbandspräsident Le Graät will den Napoleon des französischen Fußballs spielen. Ich werde ihm genug Material liefern, damit er zeigen kann, daß es ihm wirklich ernst ist.“
Peter Bausch
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