: Goldene Nasen sollen amputiert werden
■ Chefärzte: Parteien wollen Nebeneinkünfte beschneiden
Chefärzte an den Unikliniken, die mit der Behandlung von Privatpatienten sechsstellige Nebeneinkünfte erzielen, sollen künftig einen höheren Anteil an ihre Krankenhäuser abführen. In der Sitzung von Wissenschafts- und Gesundheitsausschuß waren sich die VertreterInnen aller Fraktionen zumindest in diesem Grundsatz einig. Der Vorschlag von Bündnis 90/ Die Grünen, Nebenverdienste pauschal auf 250.000 Mark zu begrenzen, stieß bei CDU, SPD und FDP jedoch auf Ablehnung.
Statt dessen schlägt die CDU- Fraktion vor, für die Nutzung technischer Geräte eine nach Höhe der Einnahme gestaffelte Abgabe zu verlangen, die die Investitionskosten des Krankenhauses berücksichtigt. Der CDU-Abgeordnete Ullrich Meier plädierte außerdem dafür, nicht nur die Ärzte an den Unikliniken, sondern auch die Mediziner an städtischen Krankenhäusern zur Ader zu lassen.
Darüber hinaus forderte der SPD-Abgeordnete Bert Flemming, die Nutzungsentgelte zu erhöhen, die Chefärzte für die Behandlung von Privatpatienten an das Krankenhaus abführen müssen. Derzeit liegen sie je nach Fachgebiet zwischen 20 und 40 Prozent. Nach Flemmings Vorstellung sollten sie „auf 65 bis 70 Prozent hochgehen“. Er schlägt außerdem vor, daß wie in anderen Bundesländern die Krankenhäuser die Abrechnung mit den Privatpatienten übernehmen. Damit würde das bisherige Zahlungsprinzip umgekehrt, wonach die Chefärzte einen Teil rücküberweisen. Die Krankenhäuser könnten dadurch schneller über das Geld verfügen.
Der FDP-Abgeordnete Michael Tolksdorf fügte hinzu, daß bei einer Änderung der Nebentätigkeitsverordnung auch die Bezahlung der MitarbeiterInnen der Chefärzte geregelt werden solle. In der Anhörung, die der Wissenschaftsausschuß im Februar durchgeführt hätte, sei durchgeklungen, daß die Chefärzte dazu neigten, deren Leistung „gönnerhaft“ und nach Gutdünken zu honorieren.
Bernd Köppl (Bündnis 90/Die Grünen) äußerte sich skeptisch zu dem Vorhaben der Koalitionsfraktionen, neue Progressionstabellen aufzustellen. Dies werde gegenüber den Ärzten schwieriger durchzusetzen sein als sein Vorschlag, eine Obergrenze von 250.000 Mark einzuführen. Davon wären 65 Chefärzte betroffen, die etwa 80 Prozent der Nebeneinkünfte auf sich vereinten.
Zwei kleine Anfragen von Köppl hatten ergeben, daß 1992 118 Chefärzte an Unikliniken 40 Millionen Mark und ihre 150 Kollegen an städtischen Krankenhäusern 38,8 Millionen Mark Nebeneinkünfte verbuchen konnten. win
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