: Autos stehenlassen von Mai bis Oktober
■ BUND fordert Fahrverbote gegen den Sommersmog in Bremen / Grenzwerte „viel zu hoch“
Rechtzeitig zum Beginn des warmen Wetters ist auch die Diskussion um die Ozonbelastung durch Sommersmog wieder entbrannt. Wenn heute die Abgeordneten der Bürgerschaft zehn Minuten pro Fraktion über den Tagesordnungspunkt „Sommersmogverordnung“ debattieren, dann haben sie vor dem Eingang des Parlaments vom BUND kleine grüne Tabakpflanzen überreicht bekommen, die allergisch auf bodennahes Ozon reagieren. Denn auch die UmweltschützerInnen werden bei der Diskussion um den Sommersmog ungeduldig: Gestern forderte der BUND vom Bremer Senat für den Sommer ein generelles Tempolimit und starke Einschränkungen des Autoverkehrs.
Gegen große Probleme helfen nur drastische Maßnahmen, meint der BUND zum Ozon. Nach Ansicht des Verbandes sind in Bremen rund 30 Prozent der Bevölkerung, nämlich vor allem Herzkranke, Kinder, AllergikerInnen und SportlerInnen besonders durch erhöhte Werte des Reizgases Ozon belastet. „Die Gesundheit der Bevölkerung steht auf dem Spiel“, meint Peter Müller, Verkehrsexperte des BUND. Und weil der Qualm aus den Auspufftöpfen der Autos maßgeblich an der Ozonbildung beteiligt ist, fordert er für den Sommer ein generelles Tempolimit für Bremen und bundesweit: 80 km/h auf Autobahnen, 50 auf Landstraßen, 30 in der Stadt. Wenn trotzdem ein Wert von 120 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft überschritten wird, sollen Hauptstraßen gesperrt, bei 180 Mikrogramm flächendeckend der Verkehr ruhen.
Das aber hieße, daß die BremerInnen von Mai bis Oktober ihre Autos einmotten könnten. Denn an einem schönen Sommertag klettern die Ozonwerte locker über 120 Mikrogramm. Dieser Wert führt nach BUND-Angaben bereits zu „irreversiblen Schädigungen der Lunge“ und gilt in der Schweiz als Grenzwert. In Deutschland jedoch raten die Behörden den Menschen erst bei 180 Mikrogramm, sich „keine ungewohnten schweren körperlichen Belastungen“ aufzuhalsen und schlagen erst bei 360 Mikrogramm richtig Alarm. Dieser Wert wurde bisher in Bremen nicht erreicht, heißt es von den Behörden, aber der BUND hat 1993 insgesamt 112 Überschreitungen des niedrigeren Schweizer Grenzwertes gezählt.
Gegen Tempolimit und Straßensperrungen gibt es aus Sicht der zuständigen Umweltbehörde vor allem zwei Argumente: Grenzwerte für Ozon gibt es nirgendwo, denn es wird nicht direkt ausgestoßen, sondern bildet sich aus Vorläufersubstanzen und ist daher schwer direkt zu reduzieren. Und zweitens: Wenn der Ozongehalt der Luft erst einmal kräftig steigt, dann hilft nach Ansicht von Adelheid Hirsch von der Umweltbehörde auch kein Fahrverbot – im Gegenteil: Die Schadstoffe aus dem Auspuff verringern durch chemische Reaktionen sogar die Ozonbelastung, so daß vielbefahrene Straßen weit geringere Konzentrationen aufweisen als ruhige Gebiete. Und schließlich: Für ein Fahrverbot sieht die Behörde keine rechtliche Grundlage. Auch da hat der BUND eine andere Meinung. Sowohl nach der Straßenverkehrsordnung als auch nach der Bundesimmissionsschutzverordnung hätten Landesregierungen durchaus die Möglichkeit, Fahrverbote auszusprechen.
Einig wiederum sind sich verbandliche und behördliche UmweltschützerInnen darin, daß 80 Prozent des Schadstoffausstoßes durch den Verkehr reduziert werden müssen. Aber über den Weg gibt es keine Klarheit. „Nur langfristig und europaweit ändert sich was“, sagt Adelheid Hirsch. „70 Prozent des Ozons werden regional erzeugt und sind so auch zu vermeiden“, meint dagegen Peter Müller vom BUND. bpo
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