: Kulinarischer Genuß in der Kellergruft
■ Restaurant im Denkmal auf dem Kreuzberg? / Stadtentwicklungssenator zeigt sich nach Besuch „aufgeschlossen“ / Stölzl begutachtet jetzt beschädigte Kunstwerke
Sollen sich Touristen ihre Bäuche bald in den Kellern des Denkmals auf dem Kreuzberg vollschlagen? Bezirksbürgermeister Peter Strieder (SPD), der sich für ein Restaurant in den Katakomben des knapp 180 Jahre alten Bauwerks einsetzt, kann jedenfalls einen ersten Erfolg verbuchen. Seit der gemeinsamen Ortsbesichtigung in der vergangenen Woche sei Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer (CDU) dieser Idee gegenüber „aufgeschlossen“, hieß es aus dessen Verwaltung auf Anfrage.
Derzeit lagern in den Kellergewölben des von Schinkel entworfenen und 1821 fertiggestellten Denkmals im Krieg beschädigte Baukunstwerke. Unter dem kirchturmähnlichen Monument, das an die Befreiungskriege von 1813 bis 1815 gegen Napoleon erinnert, werden unter anderem das Original des Frieses der Berliner Münze sowie ein Gipsabdruck der Quadriga vom Brandenburger Tor der Öffentlichkeit vorenthalten.
Nur die Denkmalpflege will sich noch nicht mit der Idee eines Restaurants in den Katakomben anfreunden. Um einen gastronomischen Betrieb in der „antiken Gruft“ zu führen, seien gravierende Eingriffe nötig, befürchtete Jörg Haspel, Berlins oberster Denkmalpfleger. Der Reiz des urtümlichen, archaischen Innenraums würde durch Notausgang, Beleuchtung, Heizung, Theke, Küche sowie Entlüftung „völlig verändert“. Außerdem lehnt Haspel Stellplätze im ebenfalls denkmalgeschützten Victoria-Park ab. Der Denkmalpfleger versperrt sich aber nicht einer öffentlichen Nutzung der Kellerräume.
Aus dem über Jahrzehnte vergessenen Museumsdepot könnte ein Ausstellungsraum mit der eingelagerten bauplastischen Kunst aus dem 18. und 19. Jahrhundert werden. Als Träger dieser Ausstellung komme nach dem Vorbild des Berlinmuseums, das das Lapidarium im ehemaligen Pumpwerk am Landwehrkanal betreut, ebenfalls ein Museum in Frage. Zur Zeit liefen entsprechende Gespräche — auch mit dem Deutsch-Historischen-Museum (DHM), schließlich handele es sich bei dem Schinkel-Monument um ein nationales Denkmal. DHM-Direktor Christoph Stölzl verneinte gegenüber der taz allerdings ein Interesse an neuen „Sonderpflichten“, da man mit Arbeiten zur Mauergedenkstätte, dem Karlshorst- und dem Alliierten-Museum „eingedeckt“ sei. Zwar will Stölzl in der kommenden Woche die Katakomben besichtigen, aber nur um sich Architektur-Fragmente anzuschauen: „Ich bin neugierig.“
Bürgermeister Strieder, der sich ein Restaurant mit bis zu 300 Plätzem vorstellt, soll nun bis Ende Mai dem aus Historikern und Architekten zusammengesetzten Denkmalbeirat ein Konzept vorlegen. Von Problemen läßt sich der Kommunalpolitiker dabei nicht schrecken. Wenn ein Restaurant so klein ausfallen müßte, daß sich die Investitionen nicht tragen, sollte ein Sponsor den Ausbau finanziell unterstützen. Dirk Wildt
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