: „Nicht jede Akte so geführt wie sonst üblich“
■ Innensenator Hackmann muß eine geheime Vereinbarung zur Duldung von 1.500 Roma rechtfertigen / GAL unterstützt den SPD-Mann, die CDU will seinen Kopf
Hamburg (taz) – Hamburgs CDU-Opposition hat den Rücktritt von SPD-Innensenator Werner Hackmann sowie des Ausländerbehörden-Chefs Ralph Bornhöft gefordert. Grund: Eine Korruptionsaffäre in der Ausländerbehörde und die Aufdeckung einer Bleiberechts-Vereinbarung zwischen der Rom und Cinti-Union (RCU) und dem Innensenator für 1.500 Roma aus dem Jahre 1989.
Im Oktober 1989 besetzten mehrere hundert Roma das Klinkerwerk des ehemaligen Konzentrationslagers Neuengamme im Osten Hamburgs und traten in den Hungerstreik, um für 1.500 Roma ein Bleiberecht in Hamburg durchzusetzen. Der Hamburger Senat schien aber hart zu bleiben und drohte den Roma offiziell mit Abschiebung – doch hinter den Kulissen handelten Innensenator Hackmann und der RCU-Chef Rudko Kawzcynski ein Geschäft aus: Offiziell dürften 150 Roma bleiben, inoffiziell würde 1.500 Roma mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus im Zuge von „Familienzusammenführung“ und „Härtefallregelungen“ ein Bleiberecht gewährt. Eine „Unschärfe“ (O-Ton Ausländerbehörde) im Ausländergesetz ließ damals solche Regelungen noch zu. Im Gegenzug brach die RCU alle öffentlichkeitswirksamen Aktionen ab.
Während Hackmann am 9. November 1989 den Senatsplan in der Bürgerschaft bekanntgab, 150 Roma ein Bleiberecht zu geben, wurde in der Ausländerbehörde fieberhaft an den 1.500 Aufenthaltsgenehmigungen gearbeitet. Die Geheimvereinbarung wäre vermutlich niemals mehr Thema geworden, wenn die Hamburger Polizei nicht einen Bestechungsskandal in der Ausländerbehörde aufgedeckt hätte. Seit fast zwei Jahren werden immer wieder korrupte Beamte enttarnt, die gegen Zahlung von 1.000 bis 3.500 Mark Aufenthaltspapiere ausstellen. Im Zuge dieser Fahndung stießen die Beamten auch auf die frisierten Roma-Akten aus dem Jahre 1989. „Es fand damals alles unter enormem Zeitdruck statt, weil das neue Ausländergesetz in Kraft trat, das eine Bleiberechtslösung nicht mehr zuließ. Da ist nicht jede Akte so geführt worden, wie es sonst üblich ist“, so Ausländerbehördenchef Ralph Bornhöft zur taz.
Die Folge: Hausdurchsuchungen beim RCU-Chef Kawczynski und Ausländerbehörden-Vizechef Uwe Brettschneider. Begründung: Verdacht der Bestechung und Bestechlichkeit.
Nach anfänglichen Dementis mußte Hackmann jetzt die umstrittene Vereinbarung offenbaren. „Es war ein Fehler von mir“, so der Innensenator, „daß ich die Öffentlichkeit nicht darüber informiert habe, daß aus 150 Aufenthaltsberechtigungen 1.500 geworden sind.“ Der Innensenator schließt auch nicht mehr aus, daß „versehentlich Bleiberechtsfälle aus Unkenntnis in den Korruptions-Ermittlungstopf“ geworfen wurden. Während Senats-Rechtsaußen Hackmann in diesem Fall Rückendeckung von der Grün-Alternativen Liste (GAL) bekommt, die das Vorgehen aus „humanitären und historischen“ Gründen begrüßt, tobt die CDU. Der Senat habe sich „erpreßbar gemacht“ und Sozialhilfe verschwendet.
Hackmann denkt nicht an Rücktritt. Der Innensenator kündigte allerdings an, Anfang Mai dem Parlament via Bürgerschafts- Innenausschuß Rede und Antwort zu stehen. Kai von Appen
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