: In Zukunft gerechter wohnen?
■ Bundestag beschließt neue Förderung des Wohnungsbaus / Mieten für Sozialwohnungen an Einkommen gekoppelt
Bonn (AP/taz) – Die Mieten für neugebaute Sozialwohnungen können ab 1. Oktober an das Einkommen der Bewohner gekoppelt werden. Bei nur drei Gegenstimmen der PDS hat der Bundestag gestern in Bonn eine Änderung des Wohnungsbauförderungsgesetzes beschlossen, durch die ein neuer Weg der Förderung eröffnet wird. Danach steigt die Mietbelastung bei wachsendem Einkommen und wird bei Einkommensverlusten verringert. Gleichzeitig werden erstmals seit 13 Jahren die Einkommensgrenzen für den Bezug geförderter Wohnungen um durchschnittlich zehn Prozent erhöht. Nach Angaben der Bundesbauministerin Irmgard Schwaetzer (FDP) vergrößert sich damit der Anteil der Haushalte mit Anspruch auf eine Sozialwohnung von 32 auf 40 Prozent.
Das Gesetz muß noch vom Bundesrat gebilligt werden. In der Debatte würdigten Redner aller großen Parteien den gemeinsam erarbeiteten Gesetzentwurf. Er bringe mehr Gerechtigkeit und Flexibilität in den sozialen Wohnungsbau und rege mittels höherer Mieten Investitionen an, erklärte der CDU-Abgeordnete Jürgen Sikora. Sein Parteikollege Dietmar Kansy kündigte an, daß die Wohnungspolitiker der Koalition in der nächsten Wahlperiode die neue Förderung auch auf bestehende Wohnungen und Mietverträge ausdehnen.
Der SPD-Bauexperte Achim Großman erklärte, die Anhebung der Einkommensgrenzen sei vor allem den Bemühungen seiner Partei im Bauausschuß zu verdanken. Gleichzeitig kritisierte er, daß die Bundesregierung in der mittelfristigen Finanzplanung die Gelder für den sozialen Wohnungsbau um 30 Prozent verringern wolle.
Der Bund verpflichtet sich in dem neuen Gesetz, die einkommensorientierte Förderung des sozialen Wohnungsbaus mit jährlich mindestens 300 Millionen Mark zu unterstützen. Länder, die diesen neuen Förderweg nicht praktizieren, können diese Mittel auch für andere Maßnahmen im sozialen Wohnungsbau einsetzen. 1994 unterstützt der Bund die Länder mit insgesamt 3,46 Milliarden Mark für den sozialen Wohnungsbau. Die Grenzen beim Jahresbruttoeinkommen für Anspruch auf Sozialwohnung erhöhen sich wie folgt: Bei einem Ehepaar mit zwei Kindern gilt künftig für Angestellte und Beamte die Grenze von 63.750 Mark, für Arbeiter 72.571 Mark; bisher galt für beide Gruppen als Grenze 55.111 Mark. Bei einem Paar mit einem Kind steigt die Grenze von bisher 46.222 Mark auf 53.750 Mark bei Beamten und Angestellten sowie 61.143 Mark bei Arbeitern. Bei alleinerziehenden Beamten und Angestellten mit einem Kind gilt als Grenze künftig 46.000 Mark, bei Arbeitern 52.286 Mark (früher 37.333 Mark). Bei erwerbslosen Alleinerziehenden steigt die Grenze von bisher 31.800 auf 35.532 Mark, bei Alleinerziehenden in Ausbildung auf 37.447 Mark.
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