: GAL schickt Frauen ins Rennen nach Bonn
■ Kristin Heyne und Amke Dietert-Scheuer für Bundestagswahl nominiert
Beide können zufrieden sein: die realpolitische wie die fundamentaloppositionelle Strömung der GAL. Nach vierstündiger Diskussion standen am Samstag nachmittag die Bergedorfer Lehrerin Kristin Heyne und die Eimsbüttler „amnesty“-Aktivistin Amke Dietert-Scheuer als Spitzenkandidatinnen auf der grünen Landesliste für die im Oktober stattfindenden Bundestagswahlen. Zusammen mit Krista Sager, die im Wahlkreis Nord das Direktmandat erringen will, schicken die Grünen somit drei Frauen auf aussichtsreichen Posten ins Rennen. Die auf Platz 3 und 4 der Landesliste nominierten Männer Uli Cremer und Mahmut Erdem haben dagegen relativ wenig Chancen auf ein Ticket nach Bonn.
Zunächst sah es fast so aus, als würde dem Realo-Flügel mit dem „Hamburger Rundschau“-Herausgeber Jo Müller ein totaler Durchmarsch gelingen. Denn nachdem Fundi-Frau Amke Dietert-Scheuer bei der Wahl für Platz eins mit 106 zu 110 Stimmen gegen Kristin Heyne knapp unterlag, war deutlich, daß die Stimmverhältnisse nahezu ausgeglichen waren. Hätte sie beim Rennen um Platz zwei ebenfalls, diesmal gegen Müller, verloren, wäre das empfindliche Gleichgewicht der Flügel gestört gewesen. Die Aufstellung von - Krista Sager mitgezählt - drei Realo-KandidatInnen hätte, wie es der Bürgerschaftsabgeordnete Axel Porschke formulierte, zur Folge haben können, daß im Wahlkampf die Unterstützung der Basis ausbleibe.
Die Versammlung in der Aula des Kaifu-Gymnasiums war gut besucht, beide Seiten hatten mobilisiert. Für Aufregung hatte im Vorwege ein nur an ausgewählte Mitglieder verschickter Brief von Kurt Edler gesorgt, in dem mit Verweis auf den jüngsten Parteitag in Mannheim vor „fortlebendem Fundamentalismus“ gewarnt und zur Wahl „unabhängiger Geister“ und „mutiger Realos“ wie Kristin Heyne und Jo Müller aufgefordert wurde. „Wir stehen hinter den Beschlüssen von Mannheim“, hieß es in einem Brief, der als Replik auf das Edler-Schreiben von der AG Schwulen-Lesbenpolitik verteilt wurde und in dem zur Wahl von Amke Dietert-Scheuer und Uli Cremer aufgerufen wurde. Letzterer, der sich auch in Eimsbüttel um das Direktmandat bewirbt, zog seine Kandidatur um die vorderen Plätze zugunsten von Dietert-Scheuer zurück. Daß diese in Asyl- und Menschenrechtsfragen profilierte Politikerin (Wahlhilfe von Anna Bruns: „Stehst du für gute, altmodische, gallische Politik?“) sich gegen Jo Müller dursetzte, ist vielleicht auch der Konkurrenzkandidatur von Alexander Haschemi zu verdanken, dem seine Wahlrede „wenn ich als Migrant in den Bundestag komme, ist das allein schon ein historischer Schritt“ immerhin 17 Stimmen einbrachte.
Aber auch für Jo Müller war der Nachmittag nicht umsonst. Dem Hagel der kritischen Fragen, etwa nach seiner Haltung zum militärischen Eingreifen in Bosnien, entwandt er sich geschickt durch klassische Halbantworten: „Wäre doch traurig, wenn es in unserer Partei keine abweichenden Positionen mehr gibt“. Und nutzte seine Redezeit für PR in eigener Sache: „Ich habe die HR saniert, der Laden läuft“. Er habe es nicht aus materiellen Gründen nötig, nach Bonn zu ziehen. Kaija Kutter
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