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Sozis tadeln disziplinlosen Genossen

■ Die SPD-Spitze reagiert verbittert auf den Rückzug Zöpels aus Scharpings Schattenkabinett / Der Verkehrsexperte kritisierte Scharpings Führungsstil, er sah unüberwindbare Meinungsverschiedenheiten

Bonn (dpa/taz) – Der Rückzug des stellvertretenden nordrhein- westfälischen SPD-Vorsitzenden Christoph Zöpel aus dem Wahlkampfteam von Kanzlerkandidat Rudolf Scharping ist in der Bonner SPD-Spitze massiv kritisiert worden. Der eher zum linken Parteiflügel zählende Zöpel, immerhin Spitzenkandidat auf der SPD-Landesliste zur Bundestagswahl, hatte seinen Rücktritt mit unüberwindbaren Meinungsverschiedenheiten in der Verkehrspolitik und der Arbeitsweise der Regierungsprogrammkommission begründet. Darüber hinaus hatte er den Führungsstil des Parteichefs getadelt, unter dem die SPD zu einer „Präsidialpartei“ geworden sei.

Bundesgeschäftsführer Günter Verheugen griff daraufhin den Parteifreund in einem Fernsehinterview scharf an: Wenn irgendeiner glaube, in Wahlkampfzeiten Nachrichten schaffen zu müssen, die von den zentralen Themen ablenkten, „dann ist der nicht nur disziplinlos, er schadet auch der gemeinsamen Sache“. Noch ein paar solcher Wochen, „wo die SPD im wesentlichen mit sich selber diskutiert hat und der Regierung eine Verschnaufpause gegönnt hat, halte ich nicht für möglich“. Den Vorwurf „Präsidialpartei“ nannte Verheugen unfair und ziemlich hart, „und ich glaube, daß damit auch eine Grenze überschritten ist, die man nicht überschreiten darf“.

In einem persönlichen Brief an Scharping hatte Zöpel geschrieben, er stehe „für eine herausgehobene Vertretung der verkehrs- und wohnungspolitischen Position der SPD ... im Wahljahr 1994 nicht zur Verfügung“. Zuvor war er mit der Forderung, daß ein gesetzlich fixiertes Tempolimit und eine Erhöhung der Mineralölsteuer in den Programmentwurf aufgenommen werden müßten, am Widerstand Scharpings gescheitert.

Der Parteichef selbst reagierte nach dem Rückzug seines Verkehrsexperten mit demonstrativer Gelassenheit. Er sehe „keinen Grund, unsere Linie in irgendeiner Weise zu verändern“. Der SPD- Vorstand will heute abschließend über das Regierungsprogramm beraten. SPD-Vize Oskar Lafontaine glaubt trotz des Zöpel-Rücktritts, daß die Finanzpolitik im Mittelpunkt der Debatte stehen wird.

Der politische Gegner schlachtet derweil den Dissens in den SPD-Reihen aus. CDU-Generalsekretär Peter Hintze wertete den Rückzug Zöpels als „Anfang vom Ende der SPD-Hoffnungen“. Und FDP-Chef Kinkel ließ wissen, „die innerparteiliche Opposition gegen Scharpings Stromlinienkurs wächst“. wg

Siehe auch Kommentar Seite 10 und Portrait Seite 11

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