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Unterm Strich

Derzeit wird alles getestet, zuletzt die Sicherheit des Publikums in deutschen Rockarenen. Da man sich in der Oper hingegen schon durch den Kauf einer Karte zur Gruppe der gesicherten Existenzen zählen kann, wurden Deutschlands erste Häuser für Geknödeltes und Grollen im Orchestergraben vom Wirtschaftsmagazin impulse auf Lukrativität getestet. Und siehe da: Einige der staatlichen Bühnen spielen auf Risiko und setzen die mühsam eingeklagten Subventionen auf eine Karte. Ganz schlecht sieht es beispielsweise an Berlins Deutscher Oper aus. Bei Zuschüssen von 86.238.000 Mark finanziert der Staat jeden belegten Klappsitz mit 231,58 Mark, während das Haus allerdings nur zu 69,8 Prozent ausgelastet ist. Dabei zeigt sich etwa Professor August Everding, Generalintendant in München und Präsident des Deutschen Bühnenvereins, von der angemahnten größeren Wirtschaftlichkeit völlig unbeeindruckt: „Wollen Sie die Kirchen schließen, weil so wenig reingehen“, greinte der scheinbar gläubige Christ im Interview mit der Test- Zeitung, „ohne Kultur aufwachsen heißt, sich der Gewalt hingeben. Der Mensch ist von Natur aus ein gewalttätiges Viech. Der erste Sohn Adams hat doch gleich seinen Bruder erschlagen.“ Und danach hat er dann gesungen...

Ganz auf den Verbraucher hat sich auch der vorletzte Band des neuen Brockhaus eingeschworen: allein neun Spalten beansprucht die Klärung solcher Begriffe wie „Verbraucherforschung, -preise, -zentralen“ etc. Auch in anderen Bereichen zeichnet sich ein Wandel im gängigen Wortschatz als Spiegel der Zeit ab. Neu ins Vokabular aufgenommen wurden auch Wörter wie Vegetationszonen, Verkehrsberuhigung oder Vollwerternährung.

In Stockholm hat die Nobelstiftung ihre Preisgelder um 4,5 Prozent gegenüber der Dotierung des Jahres 1993 erhöht. Allerdings sind die Steigerungen für Preisträger, die ihre schwedischen Kronen meistens in einheimische Währungen umtauschen müssen, wegen erheblicher Kursverluste der Krone seit 1992 nicht mit entsprechenden Zuwächsen verbunden. Da gilt es wohl zu befürchten, daß sich kein Wissenschaftler mehr für Forschung, Lehre oder gar Frieden aufopfert, wenn am Ende doch nur insgesamt 1,6 Millionen Mark dabei abfallen. Vielleicht schreiben sie statt dessen Opern.

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