■ Cash & Crash
: Die Eigentlichkeit des Dollar

Eigentlich, so versuchen uns die Analysten alle paar Monate weißzumachen, eigentlich müßte der US-Dollar 1,80 Mark kosten. Tut er nicht, und das seit ungefähr zwei Jahren. Seit ungefähr einer Woche trudelt er mal wieder in die Gegenrichtung, auf 1,60 Mark zu. 1,6449 Mark hat er dabei gestern erreicht, und in Japan stürzte er weiter, der 100-Yen-Linie entgegen.

Einen ökonomisch fundierten Grund dafür gibt es nicht. Allein der feste Glaube der Spekulanten-Mehrheit wirbelt derzeit das Gefüge zwischen den drei wichtigsten Weltwährungen durcheinander. Die US-Regierung, so der Kern dieses Glaubensbekenntnisses, wünscht sich einen schwachen Dollar gegenüber dem Yen, um die japanische Regierung zu mehr Importen aus den USA zu zwingen. Gleichzeitig würden dann Japans Exportprodukte so teuer, daß in den USA niemand mehr Sony-Walkmen und Toyota-Autos wird kaufen wollen. Beide Länder erreichten so von selbst eine ausgeglichene Handelsbilanz, und die US-Regierung könnte sich den angedrohten Handelskrieg mit Japan sparen.

Interessanterweise aber äußert sich die US-Regierung überhaupt nicht dankbar über die breite Unterstützung der Devisenhändler, die den größten Teil ihres Spielgeldes noch immer über die US-amerikanischen Finanzplätze schieben. Der immer stärkere Yen macht nämlich dem neuen japanischen Premier Tsutomu Hata das Regieren schwer. Japan steckt trotz mehrerer teurer Konjunkturprogramme noch immer tief in der Rezession. Wenn jetzt auch noch die Exporte einbrächen, hätte Japan erstmals seit dem Krieg eine ernst zu nehmende Wirtschaftskrise zu verkraften. Dann könnte Hata seine geplanten Reformen gleich ganz vergessen – und zu denen gehört auch die von den USA geforderte Marktöffnung. Eine Rückkehr der bis vor kurzem in Japan allmächtigen Liberaldemokratischen Partei an die Regierungsmacht will darum niemand in der US-Regierung.

Seit Freitag versucht nun die US-Notenbank – mit der laut Bundesbank „üblichen“ Unterstützung der europäischen und japanischen Währungshüter – den Dollar zu stützen. US-Finanzminister Lloyd Bentsen erinnerte daran, daß die Fed ja erst kürzlich den Dollar per Leitzinserhöhung gestärkt habe – allein der Glaube der Spekulanten ließ sich nicht erschüttern, daß Bentsen in Wahrheit den Yen weiter gestärkt sehen wolle.

Offenbar machen die Devisenhändler – und „die machen ja die Wechselkurse“, wie ein Bundesbanker gestern maulte – nun aus den Absurditäten ein Spiel. „Mal sehen, wieviel Geld die Notenbanken zur Stützung des Dollars wirklich ausgeben“ heißt ihre Devise. Um den Reiz zu erhöhen, spekulieren sie gleich die D-Mark mit nach oben. Vermutlich so lange, bis ihnen es langweilig wird – oder mal wieder ein paar fundamentals, grundlegende Wirtschaftsdaten, an ihre Ohren dringen: Nach denen müßte der Dollar dann wieder ganz schnell steigen – eigentlich. Donata Riedel