Für einen Job zu vielen Opfern bereit

■ Arbeitslose würden für einen Job weniger Geld, einen Branchenwechsel und längeren Arbeitsweg in Kauf nehmen

Für einen neuen Job ist die Mehrzahl der Arbeitslosen in Deutschland zu erheblichen Opfern bereit. Etwa 70 Prozent von ihnen wären bereit, die Branche zu wechseln. Fast 60 Prozent würden einen weiteren Arbeitsweg oder eine ungünstigere Arbeitszeit in Kauf nehmen. Jeder zweite wäre sogar mit einem Einkommen in Höhe des Arbeitslosengeldes zufrieden. Eine Arbeit im jeweils anderen Teil Deutschlands würde sich jedoch nur jeder fünfte suchen. Dies geht aus dem „Arbeitslosen-Report 1994“ hervor, den das Unabhängige Meinungsforschungsinstitut Info GmbH gestern in Berlin der Presse vorstellte.

Die Daten beruhen auf einer Befragung von 1.066 Betroffenen in den neuen und 660 in den alten Bundesländern im Zeitraum Mai/ April. Es ist der erste „Arbeitslosen-Report“ für ganz Deutschland. Vorherige Untersuchungen des Ostberliner Institutes beschränkten sich auf die neuen Bundesländer. Angesichts der fortdauernden Arbeitslosigkeit und einer nicht absehbaren Erholung sehen ein Viertel der Befragten „nicht besonders günstige“ und ein weiteres Viertel nur „fast aussichtslose“ Chancen für einen Wiedereinstieg. Dabei zeigte sich ein deutlich höherer Pessimismus im Osten, wo der Studie zufolge jeder dritte keinen festen Job hat und 50 Prozent von ihnen bereits über ein Jahr erwerbslos ist. 92 Prozent in Ost und West wollen schnell wieder einen Arbeitsplatz finden. Zwei Drittel bevorzugen dabei eine ständige Vollzeitarbeit, Teilzeitarbeit wird von jedem fünften gewünscht. Ein Viertel der Befragten gab ferner an, bereits eine berufliche Fortbildungs-, Umschulungs- oder Qualifizierungsmaßnahme absolviert zu haben. Die Befragten aus dem Osten sehen die Hauptursache für die hohe Arbeitslosigkeit in den neuen Bundesländern vor allem im Vorgehen der Treuhand, in der schnellen Einführung der Marktwirtschaft und der D-Mark in der damaligen DDR und in der Politik der Bundesregierung. ADN