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Lufthansa rollt in Richtung Privatisierung

■ Größtes Hindernis beseitigt: Waigel verspricht dem Management 1,5 Milliarden Mark als Grundstock für eine eigene Rentenkasse / Gewerkschaften verlangen weitere Sicherheiten für die Beschäftigten

Frankfurt/Main (taz/dpa) – Die Lufthansa wird möglicherweise noch in diesem Jahr mehrheitlich in das Eigentum privater Aktionäre übergehen. Das größte Hindernis, an dem bislang alle Privatisierungsverhandlungsrunden gescheitert sind, hat Finanzminister Theo Waigel (CSU) gestern beiseite geräumt: die Pensionskasse VBL (Versorgung des Bundes und der Länder). Die Lufthansa bekommt vom Bund nunmehr 1,5 Milliarden Mark als Grundstock für eine eigene Rentenkasse.

Für Lufthansa-Chef Jürgen Weber war die VBL, aus der 45.000 Lufthanseaten eine innerbetriebliche Zusatzversorgung bekommen, in den vergangenen Monaten zum Alptraum geworden: Die Fluglinie braucht dringend neues Geld, um ihre Eigenkapitalbasis aufzustocken. Die Eigenkapitalquote des Lufthansa-Konzerns ist durch hohe Verluste inzwischen auf 13 Prozent zusammengeschrumpft. Auf einen Jahresumsatz von 17 Milliarden Mark hatte die Lufthansa AG 1992 373 Millionen Mark und 1993 110 Millionen Mark Verlust (nach Steuern) erwirtschaftet.

Dabei gelten im normalen Wirtschaftsleben Unternehmen mit weniger als 20 Prozent Eigenkapitalquote als unsolide. Weber will darum seit Monaten dringend neue Lufthansa-Aktien ausgeben, um so das notwendige Kapital zu beschaffen. Damit aber würde der Anteil des Bundes von derzeit knapp 55 Prozent automatisch auf unter 50 Prozent rutschen, wenn nicht auch der Bund ein paar Milliarden Mark spendieren würde (was er angesichts leerer Kassen nicht tut). Die Fluglinie wäre kein Staatsbetrieb mehr, ihre Beschäftigten über Nacht um die betrieblichen Zusatzrenten gebracht.

Das soll jetzt die 1,5-Milliarden- Mark-Spritze aus Bonn verhindern. Ob das Geld allerdings ausreicht, darüber streiten sich seit Monaten die Versicherungsmathematiker. Während die Lufthansa- Oberen stets mit der Summe von 1,5 Milliarden Mark operierten, brachten Gewerkschafts- und VBL-Experten Beträge von fünf bis sechs Milliarden Mark in die Diskussion, um die Renten der heutigen Lufthanseaten in den kommenden 30 bis 40 Jahren finanzieren zu können.

Die Privatisierung könnte allerdings trotz der Milliardenzusage für die Pensionäre noch an den Gewerkschaften scheitern. Seit Montag verhandeln ÖTV und DAG in Frankfurt über einen neuen Versorgungs-Tarifvertrag, der das bisherige ungekündigte Vertragswerk ablösen soll. Die Gewerkschafter wollen neben der Sicherung der Pensionen auch erreichen, daß die Lufthansa nicht, wie geplant, in Einzelfirmen aufgeteilt wird, in denen die Beschäftigten womöglich schlechtere Bedingungen anträfen. Die Gewerkschaft fordert, die von Auslagerung betroffenen Beschäftigten weiter in den Büchern der Lufthansa zu führen und an die neuen Unterfirmen nur auszuleihen.

Wenn sich allerdings Management und Gewerkschafter einigen würden, wären die Börsenchancen der Lufthansa-Aktie nach der rund zweijährigen Sanierungsphase keineswegs schlecht. Der Börsenkurs hat sich fast verdoppelt, seit bekanntwurde, daß die Lufthansa- Verluste sinken. Die 301 Maschinen, waren 1993 zu knapp 70 Prozent ausgelastet; dies sind rund vier Prozent mehr als 1992. Allerdings machen der Lufthansa weiterhin die sinkenden Flugpreise zu schaffen. Trotz einer um 2,4 Prozent höheren Passagierzahl und acht Prozent mehr Fracht im Jahr 1993 sind die Erträge leicht gesunken.

Aber auch wenn alles so läuft, wie sich Sanierer Weber das wünscht, hat die Lufthansa weiter mit der Krise zu kämpfen, die durch die Flugangst der Passagiere im Golfkrieg ausgelöst wurde. Die Ursache allerdings ist eine andere: das weltweite Überangebot, das alle internationalen Linienluftfahrtgesellschaften am Bedarf vorbei geschaffen haben. Es drückt noch immer, zur Freude deutscher Urlauber, die Flugpreise – aber damit auch die Bilanzen der Euro- Flieger in Richtung Ruin. dri

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